Litvinov (dpa) – Im größten Chemieareal in Tschechien ist eine Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg kontrolliert gesprengt worden. Die Sprengung über eine Fernzündung aus der Deckung erfolgte kurz nach Mittag, wie die Polizei mitteilte. Auf Fernsehbildern war aus großer Entfernung eine massive Staubwolke zu sehen. Die britische 500-Pfund-Bombe mit einem gefährlichen Langzeitzünder war vor mehr als einer Woche auf dem Gelände der Unipetrol-Raffinerie in Litvinov gefunden worden. Die Industriestadt liegt in Nordböhmen, rund 50 Kilometer südlich von Dresden.
Experten des Kampfmittelräumdienstes hatten einen fünf Meter hohen und bis zu sechs Meter breiten Schutzwall aus mit Sand gefüllten Taschen um die Bombe errichtet. Das Betreten einer Sicherheitszone mit einem Durchmesser von zwei Kilometern war verboten. Zudem wurde eine Flugverbotszone eingerichtet – auch für Drohnen.
«Nach ersten Informationen direkt von vor Ort sind nach der Sprengung keine markanten Schäden erkennbar», teilte die Polizei mit. Die Anspannung war groß gewesen, da in weniger als 20 Meter Entfernung vom Fundort der Bombe Rohrleitungen für Chemieprodukte verlaufen. Bevor die Unipetrol-Raffinerie und die petrochemischen Werke ihren Betrieb wieder aufnehmen können, müssen die Anlagen noch gründlich untersucht werden.
Zünder der Bombe gilt als besonders gefährlich
Bauarbeiter hatten die britische Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg am 21. August bei Grabungsarbeiten entdeckt. Sie war mit einem chemisch-mechanischen Langzeitzünder ausgestattet, der wegen seiner Unberechenbarkeit und der Alterungsprozesse als besonders gefährlich gilt. In Göttingen kamen 2010 drei Menschen ums Leben, als eine solche Bombe bereits bei der Vorbereitung explodierte.
Unmittelbar nach dem Fund in Litvinov waren rund 600 Arbeiter in Sicherheit gebracht worden. Der Betrieb der Raffinerie und des petrochemischen Betriebs wurden heruntergefahren. Das Unipetrol-Werk gehört zum polnischen Orlen-Konzern. Um den Produktionsausfall zu überbrücken, beschloss die Regierung in Prag die Freigabe von 135 Millionen Litern Diesel und Benzin aus den staatlichen Notreserven.
Während der deutschen Besatzung im Zweiten Weltkrieg befanden sich auf dem heutigen Werksgelände die Sudetenländischen Treibstoffwerke, die synthetisches Benzin aus Braunkohle erzeugten. Die Alliierten flogen vom Mai 1944 bis zum März 1945 mehrmals Luftangriffe gegen die Fabrik, um den Nachschub an Treibstoffen zu stören.