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Mainz (dpa/lrs) – Der Wolf soll nun doch ins rheinland-pfälzische Jagdrecht aufgenommen werden. Auf diesem Wege soll ein Abschuss von Tieren mit problematischem Verhalten unter bestimmten Voraussetzungen erleichtert werden. Das kündigte Umweltministerium Katrin Eder überraschend der Deutschen Presse-Agentur in Mainz an. 

Bislang hatte sich die grüne Ministerin stets gegen einen solchen Schritt ausgesprochen. Als die oppositionelle CDU-Fraktion Ende Januar im Landtag die Aufnahme des Wolfs ins Jagdrecht gefordert hatte, nannte Eder dies eine «Scheinlösung». Sie verwies öfter auch auf die bisher geringe Zahl an Wölfen. Aktuell leben acht erwachsene Wölfe in Rheinland-Pfalz. 

Die Hürden für einen Abschuss bleiben hoch

Auch mit einer Aufnahme ins Jagdrecht bleiben die Hürden für den Abschuss eines Wolfs hoch. Laut Umweltministerium soll zunächst eine ganzjährige Schonzeit gelten. Ein Wolf darf also weiter nur dann «entnommen» werden, wie es im Fachjargon heißt, wenn er ernste wirtschaftliche Schäden verursacht – etwa weil er Nutztiere reißt oder Menschen gefährdet. So steht es in Paragraf 45 des Bundesnaturschutzgesetzes. Dazu ist immer eine Einzelfallentscheidung nötig. 

Für den Naturschutzbund Nabu Rheinland-Pfalz ist Eders Schritt dennoch einer in die falsche Richtung. Die Aufnahme des Wolfs in das Jagdrecht täusche scheinbare Sicherheit vor, kritisierte die Nabu-Landesvorsitzende Cosima Lindemann. Im schlimmsten Fall könne dies sogar zu mehr Rissen von Nutztieren führen – und zwar, wenn das Vertrauen auf einen möglichen Abschuss dazu führe, dass noch häufiger auf Maßnahmen zum Herdenschutz verzichtet werde. «Auch können Wölfe an ungeeigneten Zaunanlagen ihr Jagdverhalten trainieren und lernen, diese zu überwinden.»

Fälle in Eifel rückten das Thema in den Fokus

Auch andere Parteien im Land hatten einen anderen Umgang mit dem Wolf gefordert. Gleichzeitig war vor allem unter Haltern von Weidetieren der Unmut nach mehreren Rissen größer geworden. 

In der Eifel hatte etwa ein Wolf in der Verbandsgemeinde Prüm Anfang Januar einen Elektrozaun überwunden und acht Schafe getötet, fünf weitere wurden verletzt. Mitte Februar wurde im Eifelort Brandscheid in einem Stall ein totes Kalb gefunden. Es wurde spekuliert, ob ein Wolf am Werk war. Dafür gebe es aber keinen Beweis, hieß es aus dem Umweltministerium, die Gegebenheiten vor Ort sprächen eindeutig dagegen. 

Es tut sich was im europäischen Recht

Insgesamt wurden im vergangenen Jahr in Rheinland-Pfalz mehr als 300 Wolfsnachweise gezählt. In diesem Jahr waren es laut dem Koordinationszentrum Luchs und Wolf des Landes Rheinland-Pfalz in Trippstadt bisher sieben, davon kamen in sechs Fällen Nutztiere zu Tode. 

Der Wolf genießt im europäischen Recht einen hohen Schutzstatus, auch das hatte Eder in der Vergangenheit immer wieder aufgeführt. Doch genau hier tut sich etwas – ein Grund für das unerwartete Umdenken im Mainzer Umweltministerium. 

Demnach wird in der Berner Konvention, einem europäischen Übereinkommen für die Erhaltung wildlebender Pflanzen und Tiere, der Schutzstatus von «streng geschützt» auf «geschützt» herabgestuft, diese Änderung tritt nächsten Monat am 7. März in Kraft. Die Folge seien Anpassungen in der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH) und im Bundesnaturschutzgesetz. 

Neues Jagdgesetz dürfte bis Sommer in den Landtag kommen

Vor diesem Hintergrund will Eder die Aufnahme des Wolfs ins Jagdrecht gemeinsam mit dem neuen Landesjagdgesetz voranbringen. Es ist ein stark umstrittenes Projekt der Ministerin, das sich als sehr mühevoll herausstellt und das sie ungern zu einem späteren Zeitpunkt nochmal anpacken möchte. 

Die Gesetzesnovelle mit der Aufnahme des Wolfs ins Jagdrecht zu verbinden, erscheint als durchaus nachvollziehbarer Schritt: Die Ministerin kommt damit Kritikern ihrer Politik zum Wolf ein Stück entgegen, ohne dass sich zunächst konkret etwas ändert am Umgang mit der Tierart. Und die Politikerin reagiert damit auf die steigende Nervosität bei Weidetierhaltern, auch wenn sie Kritik von Naturschützern bekommt. 

Das neue Jagdgesetz, das inzwischen noch ein Jahr später als zuletzt geplant zum 1. April 2027 in Kraft treten soll, soll unter anderem den Schutz des Waldes verbessern. Die Novelle zog scharfe Kritik des Landesjagdverbandes auf sich. Nach vielen Gesprächen dürfte sie noch vor der Sommerpause in den Landtag in Mainz kommen.

Der Fall «GW1896m» zeigt die hohen Hürden

Mit dem vorgesehenen späteren Inkrafttreten des Gesetzes wird auch mehr Zeit geschaffen um zu prüfen, wie sich die Aufnahme des Wolfs ins Jagdrecht auf die Rolle der Jäger beim Schießen von Wölfen auswirkt. Jäger kennen sich in ihren Revieren gut aus, über einem Abschuss schwebt aber häufig eine gewisse Unsicherheit, ob der Schritt rechtssicher ist. 

Der umwelt- und forstpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Nico Steinbach, teilte mit, dem Dialog mit den Jägern komme für die praktische Umsetzung eine elementare Rolle zu. Steinbach ergänzte: «Heute ist ein guter Tag für den ländlichen Raum in Rheinland-Pfalz.» 

Auch der Landesjagdverband, der bislang alle Entwürfe des neuen Jagdgesetzes vehement angegangen war, sieht durch das nun vorgesehene spätere Inkrafttreten der Novelle Raum und Zeit, um alle noch offenen Fragen auch zum Wolf sorgfältig zu klären. Die Aufnahme des Wolfs in das Jagdrecht sei zwar im Grundsatz positiv, allerdings dürften die Jäger nicht zum Sündenbock werden.

FDP-Fraktion: «Endlich»

Unterschwellige Kritik an der grünen Ministerin Eder war aus der Fraktion der mitregierenden FDP herauszulesen. Der jagdpolitische Sprecher Marco Weber kommentierte den Sinneswandel des Ministeriums mit dem Wort «endlich». «Es hat lange gedauert, aber es ist noch nicht zu spät.» Angesichts der steigenden Zahl an Rissen sei es Zeit, zu handeln, sagte Weber, der auch Präsident des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Nassau ist. 

Welch hohe Hürden für einen Wolfsabschuss bestehen, zeigte zuletzt der Fall eines Tieres mit der Bezeichnung «GW1896m» aus dem Westerwald. Anfang Dezember hatte die Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Nord eine zeitlich befristete Ausnahmegenehmigung zum Abschuss erlassen. 

Später befand das Koblenzer Verwaltungsgericht, dass die Ausnahmegenehmigung Rechtsfehler hatte. Es sei nicht ausreichend dargelegt worden, ob von dem Wolf Gefahren ausgingen, die seinen Abschuss erforderten. Die SGD Nord legte schließlich keine Beschwerde gegen die Entscheidung ein.

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