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Alle reden vom Wolf: Hat Rheinland-Pfalz einen Problemluchs?

Mainz/Trippstadt (dpa/lrs) – Vier Wolfsrudel mit acht erwachsenen Tieren gibt es inzwischen in Rheinland-Pfalz. Aber was machen eigentlich die Luchse? Schätzungsweise 20 der sogenannten Pinselohren leben mittlerweile im Bundesland – in der Grenzregion zu Frankreich. Vier Geburten von Luchskätzchen seien 2024 nachgewiesen worden, berichtet das Umweltministerium in Mainz. Wissenswertes über die Tiere: 

Luchse sind Grenzgänger 

Die genaue Zahl der Luchse (lateinisch Lynx) soll bei einem grenzüberschreitenden Kamera-Monitoring in der Region erfasst werden. Auf Basis dieser Untersuchung sollen Modellierungen erstellt werden, die die wahrscheinlich zukünftige Populationsentwicklung und mögliche Reaktionsmöglichkeiten aufzeigen. Thomas Wulff vom Jagdverband sieht bei den Luchsen «einen regen Grenzwechsel» nach Frankreich. Einer halte sich meist im Donnersbergkreis auf. 

Im Westerwald, wohin der Wolf zurückgekehrt sei, gebe es bislang keine Luchse. Die seien eben im südlichen Pfälzerwald seit 2016 wieder angesiedelt worden. Ein Projekt, das der Jagdverband unterstütze. Es sei für jeden Jäger immer noch eine Besonderheit, eines der Tiere zu Gesicht zu bekommen. Die Jäger sähen sich weiterhin in der Verantwortung, die bestehende Luchs-Population zu schützen. 

Aus dem neuen Bericht des vom Umweltministerium eingerichteten Koordinationszentrums Luchs und Wolf (Kluwo) mit Sitz in Trippstadt im Kreis Kaiserslautern gehe jedoch hervor, dass der Luchs-Bestand seit einiger Zeit stagniere und mit vier geschlechtsreifen Weibchen ein langfristiger Erhalt nicht zwangsläufig gesichert sei, heißt es im Ministerium.

Angriffe auf Nutztiere

«Der Luchs ist im Vergleich zum Wolf ein Einzelgänger und als Pirschjäger darauf bedacht, immer nur ein Tier zu reißen, welches er mehrere Tage hintereinander als Nahrungsquelle nutzt», erläutert Wulff. Der Wolf sei dagegen ein Hetzjäger und Rudeltier, das im Familienverband lebe. 

Luchse sind nach Erkenntnissen des Kluwo deutlich seltener an Übergriffen auf Nutztiere beteiligt als Wölfe. Der männliche Luchs Alfi ist jedoch aufgefallen: «Im Winter 2025 kam es binnen kurzer Zeit zu drei Übergriffen durch den Luchskuder Alfi», sagt Kluwo-Leiter Julian Sandrini. Darunter ist ein Fall mit acht toten Schafen oder Ziegen in Hofstätten vom 3. Februar 2025. 

Hindernis Elektroweidezaun

Weder für Sandrini noch für Jäger Wulff ist das ein Grund, von einem «Problem-Tier» zu sprechen. Alfi, der über die Jahre für einige der registrierten Übergriffe verantwortlich war, hat Sandrini zufolge bisher keine Schutzmaßnahmen wie etwa Elektroweidezäune überwunden. «Er ist daher nicht als Problemluchs zu bezeichnen.»

Übergriffe von Luchsen auf Schafe, Ziegen oder Gehegewild wie Rehe seien in Land insgesamt selten, sagt Sandrini. Betroffene Weidetierhalter bekämen vom Land eine «umfangreiche Förderung von Herdenschutzmaßnahmen» in solchen Fällen, wodurch weitere Übergriffe auf betroffene Herden verhindert werden könnten.

«Im gesamten Pfälzerwald wurden seit Beginn der Wiederansiedlung des Luchses pro Jahr zwischen null und fünf Luchs-Übergriffe registriert», sagt Sandrini. 2022 gab es keinen einzigen, 2023 zwei und 2024 einen. 

Zeichen für ein gesundes Ökosystem 

«Luchse sind ein wichtiger Teil des Ökosystems Wald. Als Spitzenprädator – ein Tier, das an der Spitze der Nahrungskette steht – tragen Luchse zur Regulation der Wildbestände bei», sagt Umweltministerin Katrin Eder (Grüne). «Das Wild verhält sich bei der Anwesenheit des Luchses vorsichtiger und damit geht der Verbiss im Wald zurück.» Zugleich seien Luchse Indikatoren für ein gesundes Ökosystem. «Sie werden nur bei guten Umweltbedingungen heimisch.»

Mit Hilfe des Kluwo solle eine tragfähige Population den Pfälzerwald besiedeln und sich nach und nach weiter ausbreiten. Einzelne Luchse sind mutmaßlich bereits abgewandert und auf Reviersuche und dabei in verschiedenen Landesteilen nachgewiesen worden, zum Beispiel an der Mosel.