Berlin (dpa) – Das Bundesumweltministerium sieht die Einlagerung von radioaktiven Stoffen im niedersächsischen Schacht Konrad trotz Hürden bei der Genehmigung nach eigenen Angaben nicht als gefährdet an. «Im Moment wird das Endlager Konrad fertiggestellt und die Inbetriebnahme vorbereitet», erklärte ein Sprecher des Ministeriums auf Nachfrage von Journalisten.
Auch die für den Prozess verantwortliche Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) teilte am Mittwoch mit: «Das Endlager Konrad in Salzgitter wird derzeit errichtet und soll in den frühen 2030er Jahren seinen Betrieb aufnehmen.» Davon gehe die BGE unabhängig von der Frage der wasserrechtlichen Genehmigung weiterhin aus.
Recherchen werfen Zweifel an offiziellem Zeitplan auf
Zuvor hatten am Mittwoch bekanntgewordene Recherchen des Bayerischen und Norddeutschen Rundfunks Zweifel daran aufkommen lassen, dass der Zeitplan für die Einlagerung von schwach- und mittelradioaktiven Stoffen im Schacht Konrad Anfang der 30er Jahre eingehalten werden kann. Unter anderem mit Verweis auf wasserrechtliche Genehmigungshürden berichteten die Sender, dass sich die Einlagerung von Atomabfällen in dem stillgelegten Eisenerz-Bergwerk um Jahre verzögern oder gar gänzlich gefährdet sein könnte.
Das Bundesumweltministerium äußerte sich als oberste Atomaufsichtsbehörde dagegen zuversichtlich, dass mit Beginn der Einlagerung auch «einlagerungsfähige Gebinde», also Abfallbehälter, für die Endlagerung im Schacht Konrad zur Verfügung stehen würden. Es seien, Stand jetzt, «keine neuen Zwischenlagerkapazitäten» erforderlich, um mögliche Verzögerungen aufzufangen, betonte ein Sprecher.
Hannover: Weitere Verzögerungen nicht ausgeschlossen
Auch ein Sprecher des niedersächsischen Umweltministeriums bestätigte, dass der bisherige Zeitplan weiter gelte. Verzögerungen seien aber nicht ausgeschlossen. «Wie Sie wissen, hat es bei Schacht Konrad schon viele Verzögerungen gegeben und deshalb kann, glaube ich, heute im Moment keiner so genau sagen, ob dieser Zeitplan eingehalten werden kann», hieß es.
Vom Eisenerz-Bergwerk zum Endlager
Zum Hintergrund: Schacht Konrad ist ein stillgelegtes Eisenerz-Bergwerk, in das nach bisherigen Plänen ab den 30er Jahren bis zu 303.000 Kubikmeter schwach- und mittelradioaktive Abfälle eingelagert werden sollen. Es ist das bundesweit erste nach Atomrecht genehmigte Endlager für diese Abfälle.
Der Sprecher des Bundesumweltministeriums betonte, dass die thematisierten Genehmigungsfragen «nicht neu» seien. Die Endlagerkommission habe dazu bereits im Oktober 2024 eine online einsehbare Stellungnahme verfasst. Nach dieser Stellungnahme erfüllt zum jetzigen Zeitpunkt kein einziger Abfallbehälter vollumfänglich die Anforderungen für eine Einlagerung im Schacht Konrad. Das Umweltministerium sei aber zuversichtlich, dass sich dies ändern werde.
Problematik durch veränderte Trinkwasserverordnung
Hintergrund der jetzigen Problematik sei eine Änderung der Trinkwasserverordnung im Jahr 2023, die erneute Nachweise zur Einhaltung von Grenzwerten nötig mache, erläuterte der Sprecher weiter. Dies sei aber auch «nichts Neues» und in der Vergangenheit immer wieder gelungen.
Es gehe dabei beispielsweise um den Nachweis, dass bestimmte Chemikalien nur in sehr begrenzten Mengen aus den eingelagerten Abfallbehältern austreten und das Grundwasser belasten können. Die Bundesgesellschaft für Endlagerung teilt dazu mit: «Die BGE ist überzeugt, dass durch die Einlagerung der radioaktiven Abfälle keine unzulässige Belastung des nutzbaren Grundwassers entsteht, sodass die Schutzziele zu jeder Zeit eingehalten werden.» Über die «Methodik der Nachweisführung» liefen derzeit noch Gespräche mit dem niedersächsischen Betrieb für Wasserwirtschaft und dem niedersächsischen Umweltministerium, hieß es.
Kritiker des Schachts sehen sich bestätigt
Kritiker des Vorhabens sehen sich durch die jüngsten Recherchen indes bestätigt. So erklärte etwa der Oberbürgermeister der Stadt Salzgitter, Frank Klingebiel: «Die Rechercheergebnisse bestätigen unsere seit Jahren geäußerten erheblichen Bedenken, auch zur Einhaltung der wasserrechtlichen Bestimmungen. Es bringt nichts, an einem über 23 Jahre alten und somit heute völlig verfehlten Projekt um jeden Preis festzuhalten.» Gegen die Entscheidung, den Schacht als Endlager für radioaktive Stoffe zu nutzen, klagen Umweltverbände derzeit vor dem Oberverwaltungsgericht in Lüneburg.