Schwerin (dpa) – Trotz eines von Gerhard Schröder vorgelegten ärztlichen Attests für ein Burnout besteht der Untersuchungsausschuss des Schweriner Landtags auf der Vernehmung des früheren Bundeskanzlers und SPD-Chefs. Wie der Grünen-Abgeordnete Hannes Damm mitteilte, beschloss das Gremium zur Stiftung Klima- und Umweltschutz MV zum dritten Mal die Ladung des 81-Jährigen, nun zum 17. Oktober 2025. Ein amtsärztliches Gutachten soll bis zum 31. August Auskunft über die Vernehmungsfähigkeit geben.
Anwalt fürchtet «gravierende negative Folgen» für Schröder
Schröders Anwalt Hans-Peter Huber äußerte sich empört. Dieses Vorgehen sei durch die Strafprozessordnung, an der sich die Ausschüsse orientieren, nicht gedeckt. Die Zweifel an den privatärztlichen Gutachten seien nicht nachzuvollziehen und die Begründung nicht ausreichend.
«Gerhard Schröder ist sicher im Oktober noch nicht so weit genesen, dass er im Ausschuss aussagen kann», sagte Huber der Deutschen Presse-Agentur. Ein solcher Termin könne gravierende negative Folgen für den Genesungsprozess des Altkanzlers haben.
Schröder hatte sich im Frühjahr in der Schweiz mit der Diagnose Burnout in eine Klinik begeben. Er hatte dem Ausschuss kürzlich geschrieben, dass eine stabile Erholung von seiner Burnout-Erkrankung «keineswegs sicher in diesem Jahr» zu erreichen sein werde. Bis dahin seien ungewöhnliche Stress-Situationen zu vermeiden.
Schröder steht unverändert zu Nord Stream 2
Nach seinem Ausscheiden aus der Politik war er lange Jahre für russische Energiekonzerne aktiv, unter anderem als Präsident des Verwaltungsrats der Nord Stream 2 AG.
Mitte Mai hatte der Ex-Kanzler in einem Brief an den Ausschuss deutlich gemacht, dass er nach wie vor zur Ostseeleitung Nord Stream 2 für russisches Erdgas stehe, da Deutschlands Industrie sichere und günstige Energie brauche.
Die Oppositionsparteien, auf deren Initiative der Sonderausschuss des Parlaments eingerichtet worden war, erhoffen sich von einer direkten Zeugenvernehmung Schröders Aufschlüsse über mögliche Einflussnahmen Russlands auf Entscheidungen der Landesregierung Mecklenburg-Vorpommerns.
Diese hatte Anfang 2021 die Stiftung Klima- und Umweltschutz MV gegründet, um die Fertigstellung der russisch-deutschen Gaspipeline Nord Stream 2 abzusichern, die durch Sanktionsdrohungen durch die USA gefährdet war. Als Reaktion auf den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine sollte die Stiftung aufgelöst werden, was aber misslang.
Bernhardt: Stiftungsauflösung rechtlich nicht möglich
Nach Aussage von Justizministerin Jacqueline Bernhardt (Linke), die vor dem Ausschuss aussagte, ließ sich ihr Haus bei der Entscheidung über eine mögliche Auflösung der Klimastiftung ausschließlich von rechtlichen Bestimmungen leiten. «Wir machen alles nach Recht und Gesetz», betonte die Ministerin. Eine politische Beeinflussung habe es nicht gegeben.
Das Justizressort hat die Fachaufsicht über alle Stiftungen im Land. Damit nahm es auch eine Schlüsselrolle beim Bestreben der Regierung ein, die mit Geld der Gazprom-Tochter Nord-Stream 2 finanzierte Klima-Stiftung nach dem Beginn des russischen Angriffskrieges Anfang 2022 aufzulösen.
Bernhardt: Stiftungsauflösung rechtlich nicht möglich
Die Landesregierung sei vom Landtag beauftragt worden, auf ein rasches Ende der Stiftung hinzuwirken. «Das war politisch gewollt. Doch als Stiftungsaufsicht sind wir an Recht und Gesetz gebunden», sagte Bernhardt. Sie sprach von einer «inneren Zerrissenheit». Nach Prüfung der beiden gegensätzlichen Gutachten sei man zu der Überzeugung gelangt, dass eine Auflösung durch das Ministerium nicht möglich sei.
Weder sei die weitere Erfüllung des in der Satzung verankerten Stiftungszwecks Klima- und Umweltschutz noch das Gemeinwohl gefährdet gewesen. «Hätte es rechtlich eine andere Bewertung gegeben, hätte ich aufgelöst», stellte Bernhardt klar.
Verfahren wegen Aktenvernichtung eingestellt
Zudem betonte sie, dass es auch bei den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft im Fall der vernichteten Steuerunterlagen der Klimaschutzstiftung keine politische Einflussnahme gegeben habe. Das Verfahren gegen die Mitarbeiterin der Finanzbehörde, die zugegeben hatte, die Akten verbrannt zu haben, sei nach Zahlung einer Geldstrafe von 2.500 Euro mittlerweile eingestellt worden.
Insbesondere Umweltschutzverbände hatten die Stiftung als Tarnorganisation bezeichnet, die den Fertigbau der umstrittenen Gasleitung sicherstellen sollte. Dazu war laut Satzung die befristete Einrichtung eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs unter dem Dach der Stiftung möglich. Auch die Grünen hatten das Projekt von Anfang an kritisiert.