Schwerin (dpa/mv) – Mecklenburg-Vorpommers Umweltminister Till Backhaus war nach eigenem Bekunden erst spät und nur marginal in die Gründungsvorbereitungen für die politisch umstrittene Klimastiftung MV eingebunden. «Abgesehen von der Erweiterung des Stiftungszwecks um den Umweltschutz war meine Mitwirkung gering», sagte der SPD-Politiker als Zeuge vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss des Landtags zur Klimastiftung.
Bemühungen, auch Umweltschutzverbände für eine Mitarbeit im geplanten Kuratorium der Stiftung Klima und Umweltschutz MV zu gewinnen, seien gescheitert. Bei den regelmäßigen Treffen mit Verbandsvertretern hätten diese ihre Ablehnung stets deutlich gemacht. Grund sei maßgeblich gewesen, dass die Stiftung befristetet einen wirtschaftlichen Geschäftsbereich unterhalten sollte, der die Fertigstellung der Erdgasleitung Nord Stream 2 sicherstellen sollte. Es habe aus Klimaschutzgründen eine prinzipielle Ablehnung der Umweltverbände für zusätzliche Gaslieferungen gegeben.
Politischer Wille zum Bau der zweiten Ostseepipeline
Backhaus bestätigte frühere Aussagen aktueller und ehemaliger Mitglieder der Landesregierung, dass es im Kabinett bis zum Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine breite Unterstützung für den Bau der zweiten Ostseepipeline gegeben habe. Ziel sei es gewesen, die Versorgung Deutschlands und weiter Teile Europas mit preiswerter Energie sicherzustellen. Das habe auch die Bundesregierung immer deutlich gemacht und sehr genau beobachtet, wie das Genehmigungsverfahren laufe.
Aufgabe seines Ressorts sei es gewesen, im Genehmigungsverfahren die Umweltbelange zu vertreten und Ausgleichsmaßnahmen der Investoren in Millionenumfang zu sichern. Im Ergebnis habe es eine rechtssichere Genehmigung gegeben. Backhaus räumte ein, dass der Pipelinebau für die industrielle Entwicklung Mecklenburg-Vorpommerns keine nennenswerten Impulse gegeben habe.
Debatte über Einsatz von Stiftungsmitteln
Der CDU-Abgeordnete Sebastian Ehlers verwies auf die von Backhaus vor dem Ausschuss bestätigten Pläne der Landesregierung, unter Beteiligung von Staatskanzlei und vier Ministerien eine Arbeitsgruppe zu bilden, die Vorschläge für den Einsatz der Stiftungsmittel entwickeln sollte. Dies widerspreche bisherigen Darstellungen, die Landesregierung habe keinen Einfluss auf die Arbeit der Stiftung nehmen wollen.
Backhaus hatte in der Befragung erklärt, dass es auch bei anderen Stiftungen Projektvorschläge des Landes gegeben habe. Zur Bildung besagter Arbeitsgruppe war es den Angaben zufolge nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine nicht mehr gekommen.
Gazprom-Tochter Nord Stream 2 AG als Hauptgeldgeber für Stiftung
Die Genehmigung von Nord Stream 2 und die Stiftungsgründung sind wesentliche Teile der Nachforschungen des Untersuchungsausschusses im Landtag. Die Stiftung war Anfang 2021 nach einem Beschluss des Landtags gegründet worden, insbesondere, um den Fertigbau der Pipeline Nord Stream 2 für russisches Erdgas gegen Sanktionsdrohungen der USA abzusichern. Nach der Fertigstellung sollten nur noch Umweltprojekte gefördert werden. Das Land gab zur Gründung 200.000 Euro Stiftungskapital. Von der Nord Stream AG, die dem russischen Staatskonzern Gazprom gehört, kamen 20 Millionen Euro für Umwelt- und Klimaschutzprojekte.
Ein Beschluss des Landtags unmittelbar nach Beginn des Ukraine-Krieges Anfang 2022, die mit Geld aus Russland finanzierte Stiftung aufzulösen, wurde aus rechtlichen Gründen nicht umgesetzt. Die Stiftung besteht unter neuer Führung fort. Das Land als Stifter will sich daraus zurückziehen.
Ex-Rokai-Geschäftsführer als Zeuge
Vor dem Sonderausschuss des Landtags sagte am Nachmittag auch Christian Cammin aus, ehemaliger Geschäftsführer und Liquidator der Rokai GmbH Rostock. Das Unternehmen hatte im Auftrag der Stiftung insbesondere logistische Aufgaben bei der Fertigstellung von Nord Stream 2 übernommen.
Cammin bestritt Darstellungen, dass die Gründung der Firma im Herbst 2020 und die Anmietung eines Hafenareals in Rostock schon mit dem Ziel erfolgten, für die Fertigstellung von Nord Stream 2 tätig zu werden. «Unser Motiv war, maritime Dienstleistungen anzubieten», sagte der Unternehmer. Die Geschäftsbeziehungen zur Stiftung seien später zustande gekommen, Kontakte zur Landesregierung habe es dazu nicht gegeben.
Der Grünen-Abgeordnete Hannes Damm äußerte unter Verweis auf vorliegenden Schriftverkehr und zeitliche Zusammenhänge Zweifel an den Aussagen. Kritisch äußerte er sich auch zum Engagement der Regierung im Rahmen des Genehmigungsverfahrens für Nord Stream 2. «Die Landesregierung hat offenkundig alles darangesetzt, den Pipelinebau möglich zu machen», sagte er. Als Beispiel nannte Damm die Ausweisung eines neuen FFH-Schutzgebiets als Ausgleichsmaßnahme, die entscheidend zur Genehmigungsfähigkeit der Pipeline beigetragen habe.