Langen/Wiesbaden/Darmstadt (dpa/lhe) – Der Zwist um den Kiesabbau und die dafür nötigen Rodungen im südhessischen Langen dauert schon Jahre. Juristisch beschäftigte er seit 2013 alle Instanzen der Verwaltungsgerichtsbarkeit. Aktionen von Aktivisten mit Protesten bis hin zu Sachbeschädigungen gab es alleine in diesem Jahr schon mindestens zweimal. Dabei ist die Rodung des Waldes rechtlich längst in trockenen Tüchern.
Der Bund für Umwelt- und Naturschutz ist in den Instanzen gescheitert und akzeptiert dies. Nach Angaben des hessischen Landwirtschaftsministeriums wurden für das Areal bereits flächengleiche Ersatzaufforstungen nachgewiesen. Und bei der Stadt Langen sieht man für die Zeit nach dem Kiesabbau bei einer Wiederaufforstung dort eine deutliche Qualitätssteigerung.
Gruben nehmen zahlenmäßig ab
Die Zahl der aktiven Kies- und Sandgruben in Hessen schrumpft. Kiesgruben mit Grundwasseraufschlüssen werden laut Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) immer häufiger unter Naturschutz gestellt oder aufgefüllt und neu bepflanzt. Laut HLNUG gab es in Hessen 2006 noch 99 aktive Abbaustellen. Aktuell seien es 87 aktive Sand- und Kiesgruben. In nur 31 findet sogenannter Nassabbau statt – Gruben, in die Grundwasser nachfließt, im Volksmund Baggerseen. Die anderen 56 sind Trockenabbaugebiete.
Ein Großteil der hessischen Badeseen geht auf früheren Sand- und Kiesabbau zurück. Dass Abbau und Badebetrieb gleichzeitig stattfinden, ist die Ausnahme: Laut HLNUG ist das nur am Strandbad Nieder-Roden (Kreis Offenbach), am Waldsee Raunheim (Kreis Groß-Gerau) und am Riedsee (Kreis Bergstraße) der Fall. Der aktive Nassabbau am Langener Waldsee ist vom Badesee durch einen Damm getrennt.
Die wichtigsten Abbaugebiete befinden sich in Südhessen – in Gruben oder entlang von Flüssen. «Die mit Abstand größten Sand- und Kies-Potenziale in Hessen» liegen in der östlichen Untermainebene, etwa im Raum Babenhausen. Die «abbaubare Rohstoffmächtigkeit» beträgt hier zwischen 20 und 60 Metern, während es in Nordhessen nur 3 bis 20 Meter sind.
Das Problem: Die ergiebigsten Gebiete in Hessen liegen dort, wo die Bevölkerungsdichte am größten ist. «Daraus resultieren zahlreiche Flächennutzungskonflikte, die Lagerstättensicherung und ökologisch sinnvollen Rohstoffabbau aus der Region für die Region bisher einschränken beziehungsweise ausschließen», so das Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie.
Feste Regeln für Ausgleichsflächen
Nach Angaben des Umweltministeriums müssen Ersatzaufforstungen flächengleich sein und sollten möglichst in demselben Naturraum oder einem waldarmen Gebiet durchgeführt werden. «Ersatzaufforstungen sollen sicherstellen, dass der Wald in seiner Flächensubstanz erhalten bleibt und, dass die Waldfunktionen erfüllt werden», teilte das Ministerium auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit.
Bei den jüngsten Protesten ging es erneut gegen erwartete Rodungen für den Abbau von Kies in dem Wald bei Langen. Dort hatten Aktivisten eine Mahnwache organisiert. Sie errichteten eine Plattform in rund vier Metern Höhe zwischen Bäumen. Im Februar brach eine Gruppe auf das Gelände der Kiesgrube am Langener Waldsee ein und richteten einen Schaden von rund 50.000 Euro an. Förderbänder wurden zerschnitten und deren Antriebsmotoren beschädigt. Die rechtliche Lage für den Kiesabbau ist indes eindeutig. Zuletzt hatte das Bundesverwaltungsgericht 2022 die Revision des BUND als unbegründet abgewiesen.
Erst mal keine weitere Rodung geplant
Auch für die Stadt Langen ist die rechtliche Lage klar. «Es gibt die Genehmigung 63,7 Hektar zu roden», sagte ein Sprecher der Stadt. Etwa die Hälfte sei gerodet der Rest solle in den kommenden Jahren folgen. Das Regierungspräsidium in Darmstadt müsse immer wieder Einzelgenehmigungen erteilen. «Für dieses Jahr ist da gar nichts vorgesehen. Derzeit ist nichts geplant oder beantragt, oder genehmigt.» Zudem handele es sich nicht mehr um einen Bannwald. «Es ist ein ganz normaler Nutzwald, ohne besondere Pflanzen oder Tiere.» Bei einem Bannwald handelt es sich um Wald, der aufgrund seiner Lage vor allem in städtischen Ballungsräumen und waldarmen Gegenden unersetzlich ist.
Für die Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände ist die ganze Diskussion zum Kiesabbau am Langener Waldsee «ökologischer Nonsens». Ohne Rohstoffgewinnung vor Ort müssten die Materialien nach Hessen transportiert werden. Zudem würden die Waldflächen nur vorübergehend genutzt und später renaturiert. Für Bauprojekte und den Wohnungsbau würden Hunderttausende Tonnen dieser Materialien benötigt, die es in Hessen vor Ort gebe.