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Bericht: Bayern verfehlt gesetzliches Ziel für Ökolandbau

München (dpa/lby) – Sechs Jahre nach dem erfolgreichsten Volksbegehren in der bayerischen Geschichte «Rettet die Bienen» droht ein Scheitern bei der Umsetzung gesetzlich festgelegter Ziele. «Das Zwischenziel, 20 Prozent Biolandwirtschaft bis Ende 2025, wird mit Sicherheit verfehlt. Wir haben jetzt noch fünf Jahre, um das Ruder herumzureißen und zumindest in die Nähe der gesetzlichen Zielvorgabe von 30 Prozent Biolandwirtschaft bis 2030 zu kommen», sagte die Beauftragte des Volksbegehrens, die ÖDP-Landeschefin Agnes Becker, in München. 

Laut einem aktuellen Monitoring-Bericht gab es beim Ökolandbau im Vergleich zum Vorjahr kaum noch einen Zuwachs (2024: 13,77 Prozent). Auf staatlichen Flächen sei der Ökolandbauanteil sogar gesunken. Ein Großteil der Pachtflächen werde nach wie vor nicht ökologisch bewirtschaftet.

«Staatsregierung macht ihre Hausaufgaben nicht»

Das kritisiert auch Ludwig Hartmann von den Grünen: «Zielvorgaben wie die 30-Prozent-Bio-Quote bis 2030 als zu ambitioniert abzutun, nur weil die Staatsregierung ihre Hausaufgaben nicht macht, ist bequem – aber fatal.» Genau dieses Muster lasse sich derzeit vielerorts beobachten: Überall, wo Naturschutz unbequem werde, würden Ziele als utopisch, Umsetzungen als Bürokratiemonster und selbst verhältnismäßig geringe Mittel als unrealistisch dargestellt.

Am 13. Februar 2019 hatten mehr als 1,7 Millionen Bürgerinnen und Bürger für das Volksbegehren Artenvielfalt – «Rettet die Bienen» unterschrieben. 18,3 Prozent der Wahlberechtigten setzten damit ein deutliches Zeichen für mehr Artenschutz. Am 17. Juli nahm der Landtag das Volksbegehren an. Der Ausbau des Ökolandbaus war dabei neben der Schaffung eines Biotopverbunds und der Halbierung der eingesetzten Pestizide einer der inhaltlichen Schwerpunkte. 

Teils fehlendes Datenmaterial

Zum Stand der Dinge beim Biotopverbund bemängelt das Monitoring erneut eine fehlende Datengrundlage zur Umsetzung, bei den Pestiziden konstatiert der Bericht, dass es auf den staatlichen Flächen nur zum Zwecke von Forschung und Lehre noch einen Einsatz von Giftstoffen zur Bekämpfung von sogenannten Schädlingen oder Unkraut gebe. Generell ist der Einsatz von Pestiziden in der konventionellen Landwirtschaft aber nach wie vor gängig. 

Claus Obermeier, Vorstand der Gregor Louisoder Umweltstiftung, sieht dabei vor allem Ausnahmen kritisch. «Mit der Annahme des Volksbegehrens hat die Staatsregierung beschlossen, den Pestizideinsatz im Freistaat bis 2028 zu halbieren. Der Handlungsbedarf ist hier sehr hoch, Notfallzulassungen – wie aktuell für Insektizide gegen die Schilf-Glasflügelzikade – sind keine dauerhafte Lösung.»

Explizit kritisiert wird im Bericht auch, dass der Förderungen für den Ausbau von Blühstreifen entlang von Gewässern massiv stockt – sowohl die Fördersumme als auch die Fläche ist zurückgegangen. Roman Lenz von der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen betonte: «Die zuständigen Behörden müssen die Ursachen für den Rückgang ermitteln und gegensteuern.»

Forderung nach Fünf-Punkte-Plan für Bayern

Becker sieht Handlungsbedarf bei der Staatsregierung.«Wir fordern von Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) jetzt einen Fünf-Punkte-Plan für die Biolandwirtschaft.» Dazu gehöre eine verbindliche 30-Prozent-Bio-Quote für die Außer-Haus-Verpflegung, mindestens 30 Prozent der Forschungsgelder für den Ökolandbau, eine Verstetigung der Ökomodellregionen, eine Garantie der Gentechnikfreiheit Bayerns und mindestens 30 Prozent Bio auf staatlichen Landwirtschaftsflächen so wie es das Gesetz bereits seit 2020 einfordere.

Dem schloss sich auch Norbert Schäffer, Vorsitzender des Landesbundes für Vogel- und Naturschutz, an. «Um die Ziele des Volksbegehrens überwiegend auf freiwilligem kooperativem Weg zu erreichen, ist eine langfristige und verlässliche Finanzierung zwingend erforderlich. Wir brauchen im kommenden Doppelhaushalt ein finanzielles Bekenntnis der bayerischen Staatsregierung zum Natur- und Artenschutz», so Schäffer.

Staatsminister weisen Kritik zurück 

Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) sieht trotz aller Kritik die Umsetzung von «Rettet die Bienen» auf einem guten Weg: «Der größte Teil der Maßnahmen aus dem Volksbegehren Plus ist umgesetzt und entfaltet Wirkung in der Fläche.» Für einen kooperativen Naturschutz in Bayern brauche es aber auch wieder den Bund als verlässlichen Partner. Dieser müsse die Kürzungen durch die Ampelregierung zurücknehmen, «die sich zwischenzeitlich für Bayern auf einen zweistelligen Millionenbetrag summiert haben».

Auch Kaniber hielt jegliche Kritik für unbegründet. «Seit dem Startschuss 2019 haben wir fast 90 Prozent der Maßnahmen aus dem Volksbegehren umgesetzt. Das ist ein gewaltiger Kraftakt – und ein Gemeinschaftswerk, auf das ich stolz bin. Aber die Opposition ignoriert das, das wissen wir», sagte sie. Die Kritik komme jedes Jahr, bleibe falsch und sei nicht neu.

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