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Neef (dpa/lrs) – Es ist ein wahres Naturspektakel. Mehr als 3.000 Pfirsichbäume blühen an der Mosel zwischen Ediger-Eller, Bremm und Neef in zartem Rosa. Das Blütenmeer ist nicht nur im weiten Tal zu bestaunen, sondern vor allem in den Weinbergen rund um den Calmont, Europas steilsten Weinberg. Über die vergangenen Jahre sind es immer mehr Bäume geworden: «Der rote Mosel-Weinbergpfirsich erlebt eine Renaissance», sagt Wein- und Kulturbotschafterin Irmgard Spreier.

Was macht diese Frucht aus, die außen grau und pelzig, innen rot und saftig ist – und die besonders aromatisch schmeckt? Hier einige Dinge, die man über den Weinbergpfirsich lernen kann.

Die Römer hatten Pfirsich im Gepäck

Im Moselort Neef mit gut 400 Einwohnern ist man heute noch den Römern dankbar. «Die Römer haben uns die Reben gebracht und den Pfirsich», erzählt Spreier. «Das liegt am mediterranen Klima der Mosel.» Über Jahrhunderte wuchsen die Pfirsichbäume zum Eigenbedarf in den Hausgärten. Ab 2005 begann man, den Pfirsich auch auf stillgelegten Weinbergen anzubauen. Die Fläche wuchs und wuchs. 

Der Weinbergpfirsich mag Sonne – und Pferdemist

«Keine Top-Weinberge, aber Lagen, die für den Pfirsich super sind», sagt Thomas Gerhards vom «Pfirsichhof» in Neef. Die aus Sämlingen gezogenen Bäume liebten Sonne und mildes Klima, der mineralische Schiefer des Bodens halte die Wärme in der Nacht. Und gedüngt werde er gerne mit Pferdedung, sagt Gerhards. Der Weinbergpfirsich ist an der gesamten Mosel bekannt. «Hotspot» sei allerdings die Calmont-Region.

«Der Weinbergpfirsich ist richtig angesagt», berichtet Gerhards, der auch im Vorstand des Vereins Moselweinbergpfirsich ist. Immer mehr Menschen würden sich für die Frucht interessieren. «Wir haben jetzt die Situation, dass trotz der vielen Bäumen, die hier angebaut werden, die Nachfrage nicht befriedigt werden kann.» Vergangenes Jahr habe er auf dem «Erntemarkt» in Cochem seine Pfirsiche nur noch rationiert verkauft. 

Neuer Pfirsichblütenweg angelegt

Weil es immer wieder Nachfragen gab, wo man am besten die Blüte anschauen kann, ist im vergangenen Jahr ein Pfirsichblütenweg durch die Weinberge entstanden. Rosa Blüten, die auf den Boden gesprayt wurden, weisen den Weg. Er ist sieben Kilometer lang und geht von Ediger-Eller über Bremm nach Neef (Kreis Cochem-Zell). Ungefähr zweieinhalb Stunden Zeit brauche man, sagt Spreier, die zurzeit geführte Wanderungen an Samstagen anbietet.

Der rote Weinbergpfirsich eignet sich wegen seines Aromas auch zur Weiterverarbeitung – zu Kompott, Likör, Saft, Marmelade und Eis. Es gebe Eisdielen, die die Sorte Weinbergpfirsich-Eis anbieten, sagt Gerhards. «Es gibt hier keinen Haupterwerbsbetrieb, der vom Pfirsich lebt. Alle Erzeuger machen das im Nebenerwerb, neben der Winzerei oder einem anderen Job.» Über das Internet bestellen könne man die Produkte bei ihm nicht. «Wir wollen, dass die Menschen hierherkommen und die Region erleben.»

Weinbergpfirsich geht mit (fast) allem

In der regionalen Moselküche kommt die Frucht seit jeher auf den Tisch. Spreier erinnert sich aus ihrer Kindheit an Mehlklöße mit Pfirsichen. Die Frucht sei aber auch Beilage zu Gulasch oder Braten. Man könne den Pfirsich quasi zu allem essen, sagt der Bürgermeister von Neef, Harald Franzen. Auf Kuchen, zu Eis, zu Pudding oder zu Klößen. Der Pfirsich schmecke einzigartig. «Es ist etwas, was man so vom Geschmack her nicht kennt», sagt Franzen. Der Pfirsich sei in der Region ein Alleinstellungsmerkmal.

Der Weinbergpfirsich ruft daher auch Pflanzenbauer außerhalb der Region auf den Plan. Jedes Jahr biete der Verein Schnittkurse an, die immer ausgebucht seien, erzählt Gerhards. Die Teilnehmer stammten unter anderem aus der Pfalz, aus Köln oder aus Luxemburg. «Auch die Nachfrage nach Setzlingen ist so hoch, dass wir sie nicht befriedigen können.» Jüngst seien auch Interessierte aus Hamburg, Perl im Saarland und Baden-Württemberg gekommen.

Weinbergpfirsich wächst auch anderswo

Der rote Weinbergpfirsich werde auch außerhalb der Moselregion teils neu entdeckt, berichtet der Geograf Marcus Mogk aus Königswinter. Allerdings werde der Anbau dort weniger umfänglich betrieben als an der Mosel. Als Beispiele nannte er Franken und Baden-Württemberg sowie die Schweiz. Das Steinobst gedeiht auch im Rheintal. «Das größte Risiko für uns Erzeuger aber ist der Blütenfrost», sagt Gerhards.

Der Weinbergpfirsich ist für viele an der Mosel mehr als nur ein Obst. Wenn jemand früher das Dorf verlassen habe, habe er ein Säckchen Pfirsichsteine eingepackt und sie an seinem neuen Wohnort eingepflanzt, erzählt Spreier. «Dann hast Du Heimat!» – habe man gedacht. Bürgermeister Franzen erzählt, dass er seinen Kindern, als sie in die Nachbardörfer gezogen seien, auch Setzlinge von seinem Schwiegervater für den Garten geschenkt habe. Der Pfirsich habe also auch etwas Verbindendes.