Potsdam (dpa/bb) – Nur sechs Prozent aller Wolfsübergriffe auf Weidetiere ereigneten sich in Brandenburg seit 2019 trotz empfohlener Schutzmaßnahmen. Bei 70 Prozent waren die Tiere völlig ungeschützt, teilte das Agrarministerium in Potsdam auf eine Anfrage aus der AfD-Landtagsfraktion mit. Bei 21 Prozent aller Übergriffe gab es nur den Mindestschutz der empfohlenen Maßnahmen.
Wolfsattacken um mehr als die Hälfte verringert
Durch mehr Herdenschutz, wie entsprechende Zäune und Herdenschutzhunde, konnte bei Schafen und Ziegen die Zahl der Wolfsübergriffe von 1281 im Jahr 2023 um mehr als ein Viertel auf 944 verringert werden. Gleichzeitig gelang es, die Fälle, bei denen jeglicher Herdenschutz fehlte, um mehr als die Hälfte von 626 auf 292 zu verringern. Bei 429 Rissen bestand laut Ministerium im vergangenen Jahr nur der Mindestschutz – 28 mehr als im Jahr zuvor.
Auch bei anderen Tierarten, wie Gehegewild, Rindern, Pferden, Eseln und Kameliden wie etwa Lamas und Alpakas, ging die Zahl der Wolfsrisse zurück – von 81 im Jahr 2023 auf 45 im Folgejahr. Bei fast allen dieser Fälle war kein oder nur ein unzureichender Herdenschutz vorhanden.
Wann gilt Herdenschutz?
Der von der Landesregierung empfohlene Herdenschutz ist Teil der Brandenburgischen Wolfsverordnung. Entspricht der Herdenschutz nicht wenigstens den Vorgaben des Mindestschutzes, so gilt er als nicht wolfsabweisend und wird in der Kategorie «kein Herdenschutz» geführt. Der Schutz kann laut Ministerium nicht bewertet werden, wenn zum Beispiel der Zaun bereits abgebaut ist oder die Herde auf eine andere Koppel umgeleitet wurde.
Die Empfehlungen für den Herdenschutz richten sich nach der jeweiligen Tierart. Dabei wird unterschieden zwischen mobilen und Festzäunen. Mobile Elektrozäune sollten mindestens 1,2 Meter hoch sein, Festzäune mit einem Drahtgeflecht mindestens 1,4 Meter. Dazu kommen ein Überkletter- und ein Untergrabungsschutz. Bei Gehegewild sollte der Zaun mindestens 1,8 Meter hoch sein. Auch für die Mindestspannung der Zäume gibt es Empfehlungen.
Das Agrarministerium will nach der parlamentarischen Sommerpause den Wolf ins Jagdrecht aufnehmen und so die Weidetiere stärker schützen. Naturschützer verweisen dagegen auf Studien, nach denen vermehrte Abschüsse von Wölfen nicht automatisch Schäden an Weide- und Nutztieren verringern. Stattdessen befürworten sie mehr Schutzmaßnahmen durch Zäune und Herdenschutzhunde.