Trier/Mayen (dpa/lrs) – Ob aufs Brot, in den Tee oder im Kuchenteig: Deutsche lieben Honig. Rund ein Kilo hat jeder im Schnitt im vergangenen Jahr konsumiert. Honig ist ein Naturprodukt, das Bienen herstellen und Imker ernten. Aber wie geht das genau? Und wie läuft ein Bienenjahr ab?
Jetzt ist die Zeit, in der die Bienen aktiv werden. Immer mehr Pflanzen blühen: Die Bienen fangen an, Pollen und Nektar zu sammeln. Auch erste Jungbienen schlüpfen bereits aus den Waben, sagt Imker Matthias Rettig in Trier und zieht einen rechteckigen Holzrahmen, in dem sich die Bienenwabe befindet, aus einem seiner Bienenstöcke.
Biene kehrt immer zurück
Während ein Volk zurzeit noch um die 10.000 Bienen zählt, wächst es bis zum Sommer auf bis zu auf 40.000 Exemplare an. «Jede Biene weiß, wo sie wohnt», erklärt der Imker. Nach ein paar ersten Orientierungsflügen im Jahr habe sie das Loch abgespeichert, aus dem sie ausgeflogen sei. «Und sie kehrt dann immer wieder zu diesem Stock zurück.»
Besonders fleißig sind die Bienen dann, wenn alles blüht. «Das ist für sie Schlaraffenland», sagt Rettig. Im Umkreis von zwei Kilometern um ihren Stock saugen sie den Nektar aus den Blüten und bringen ihn in den Stock. Dort geben sie ihn aus ihrer Honigblase, die dem eigentlichen Verdauungssystem vorgelagert ist, in die Waben ab.
Der Honig wird dann von anderen Bienen bearbeitet, bis er reif ist – und dann in die Zellen der Wabe abgelegt. Wenn die Zelle gefüllt ist, wird sie von den Bienen mit einem Wachsdeckel verschlossen. «Das ist wie ein zugemachtes Honigglas.» Geerntet wird meistens zweimal im Jahr. Einmal im Frühsommer Mai/Juni und einmal im Spätsommer Juli/August. Ein Stock könne 30 bis 50 Kilo Honig im Jahr bringen. Die Erträge könnten je nach Wetter stark schwanken.
Faszination Bienenvolk
Jede Biene hat im Stock – je nach Lebensalter – einen bestimmten Job. Manche sind Wächterbienen und stehen am «Flugloch», wo die Bienen rein- und rausfliegen. Dann gibt es Ammenbienen, die sich um die Larven kümmern. Die Arbeiterinnen sind die weiblichen Bienen, die Drohnen die männlichen. Die Königin, die die Mutter aller Bienen im Stock ist, ist die Einzige, die bis zu vier Jahre alt wird.
Im Alter von acht bis zehn Tagen hat sie sich mit etwa 30 Drohnen in der Luft gepaart und geht sparsam mit dem Spermavorräten um, die sie bei diesem «Hochzeitsflug» erhalten hat. Dadurch ist sie in der Lage im Sommer täglich bis zu 2.000 befruchtete Eier zu legen, aus denen sich die Bienenlarven entwickeln.
Pflanzen prägen den Geschmack
Je nachdem, bei welchen Pflanzen die Bienenstöcke stehen, schmeckt der Honig verschieden, sagt Rettig, der 30 Völker in der Region hat. Esskastanie, Raps, Akazien, Linden, Klee, Brombeeren und viele andere Nektarquellen prägten den Geschmack der geernteten Blütenhonige.
Es gebe ein breites Spektrum an Sorten und große Geschmacksunterschiede, sagt auch der Leiter des Fachzentrums Bienen und Imkerei in Mayen, Christoph Otten. Und nennt als Beispiele Kastanienhonig, Rapshonig und Akazienhonig.
Neu ist der Honig-Sommelier
Die Vielfalt bringe neuerdings Honig-Sommeliers auf den Plan. Sie erkunden geschmackliche Nuancen, Aromen und Texturen und geben ihr Wissen bei Verkostungen weiter. Die ersten Experten sind im Januar vom Imkerverband Rheinland in einem Lehrgang ausgebildet worden.
Mit dabei war Ulrich M. Schnitzler von der Eifel-Imkerei, der nun als einer der ersten Honig-Sommeliers in Deutschland gilt. Honig schmecke nicht nur «süß oder lecker», sondern habe auch Aromen wie «blumig, fruchtig, nussig, malzig oder würzig» zu bieten, sagt der Imker in Hürtgenwald in der Nordeifel.
Man könne aber nicht gleich fünf Unteraromen im Gaumen erkennen. «Das ist wirklich Übungssache», sagt Schnitzler. Ziel sei es, die Menschen zu sensibilisieren, «dass Honig eben nicht gleich Honig ist». Der Imkerverband Rheinland bekomme wegen des neuen Lehrgangs Anfragen aus ganz Deutschland, sagt er.
In Rheinland-Pfalz gibt es rund 50.000 bis 60.000 Bienenvölker, sagt Experte Otten. Die Zahl der Imker liege relativ stabil bei um die 7.000. Vor ein paar Jahren habe es einen Trend nach oben gegeben, der aber gestoppt sei. «Jetzt scheint so eine Sättigungskurve erreicht», meint er.
Die Imkerinnen und Imker seien in den letzten Jahren «auf jeden Fall deutlich jünger geworden». Und die Zahl der Frauen in der Imkerei habe stark zugelegt. Im Schnitt seien heute 25 Prozent der Imker Frauen, sagt Otten. Insgesamt machten 95 Prozent die Imkerei als Hobby oder im Nebenerwerb.
Herausforderungen Varroamilbe und Hornisse
Über den vergangenen Winter habe es bei den Bienenvölkern starke Verluste gegeben, sagt Otten. Man rechne mit einer durchschnittlichen Rate von minus 20 bis 25 Prozent. Das liege vor allem an der Varroamilbe, die Völker befallen und geschwächt hätte.
2024 war die Honigernte in Rheinland-Pfalz geringer ausgefallen. Im Schnitt brachte es jedes Bienenvolk auf 28,9 Kilogramm. Das waren mehr als zehn Kilo weniger als noch im Jahr 2023.
Zudem gebe es die Asiatische Hornisse, die regional «zunehmend ein Problem» werde, sagt der Experte Otten, dessen Fachzentrum im Landkreis Mayen-Koblenz regelmäßig Daten in einem bundesweiten Bienenmonitoring erfragt.
In Rheinland-Pfalz sei von der Hornisse vor allem der südliche Teil betroffen, aber auch das Saarland und der Trierer Raum nach und nach. Die Hornisse fresse Bienen in den Stöcken auf oder passe sie im Flug ab. «Absolute Horrorszenarien, dass die Imker jetzt alle Alarm schlagen, gibt es aber nicht.»
Trotz aller Herausforderungen: Die Imkerei mache viel Freude, sagt der Vorsitzende des Kreisimkerverbandes Trier-Saarburg, Werner Scherf, in Hinzenburg. Das Bienenvolk sei «ein faszinierendes Lebewesen». Und man bekomme über die Bienen viel mehr Bezug zur Natur.