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Es wird konkret mit neuem Jagdrecht – umstrittenes Projekt

Mainz (dpa/lrs) – Verbot bleihaltiger Munition, neue Regeln für die Ausbildung von Jagdhunden, ein etwas anderer Umgang mit dem Wolf, mehr Fokus auf Walderneuerung: Rheinland-Pfalz dürfte nach jahrelanger Vorarbeit und vielen kontroversen Diskussionen ein neues Jagdgesetz bekommen – wenn auch später als ursprünglich geplant. Die Novelle wird in der kommenden Woche in den Landtag eingebracht, wie das Umweltministerium in Mainz mitteilte. In Kraft treten soll das Gesetz dann voraussichtlich zum April 2027, zu Beginn war von 2025 ausgegangen worden.

Gearbeitet wird im zuständigen Umweltministerium in Mainz bereits seit Jahren an dem Gesetz, es gab erbitterten Streit zu einigen Punkten etwa zwischen dem Ministerium und dem Landesjagdverband. Völlig überraschend ist das nicht, auch in anderen Bundesländern sind solche Vorhaben von erheblichem Gegenwind begleitet.

In Rheinland-Pfalz biegt das Vorhaben nun auf die Zielgerade ein, womit das Gesetz – ein Herzensanliegen von Umweltministerin Katrin Eder (Grüne) – doch noch vor der nächsten Landtagswahl 2026 verabschiedet werden dürfte.

Was sind konkrete Änderungen?

  • Waldentwicklung: Die Jagd soll stärker auf die in Folge des Klimawandels nötige Walderneuerung ausgerichtet werden. Von zentraler Bedeutung ist, den Wald mit einem Mix aus teils auch neuen Baumarten zu verjüngen. Gefährdet Wild durch Verbiss die Entwicklung des Waldes, muss die die Jagd in dem jeweiligen Gebiet ausübende Person eine Jagdkonzeption mit dem jeweiligen Verpächter abstimmen, wie Wildschäden fortan verhindert werden sollen. Sollte die Entwicklung erheblich gefährdet sein, kann von Behördenseite ein Mindestabschussplan festgesetzt werden. Wird auch dieser nicht umgesetzt, kann eine behördliche Anordnung folgen. Erleichtert werden soll auch die Entnahme, also die Jagd nicht heimischer Arten, also eingewanderter Arten. Dazu zählt Dam- und Muffelwild, für das es künftig nur noch begrenzte Duldungsgebiete geben soll. 
     
  • Tierschutz: Er soll eine größere Rolle bekommen. Die in Rheinland-Pfalz zwar ohnehin nicht mehr übliche Ausbildung von Jagdhunden durch flugunfähig gemachte, lebende Enten soll gesetzlich verboten werden. Auch Totschlagsfallen – Fallen, die sofort töten – sollen untersagt werden. Kommen soll auch eine Hegeverpflichtung. Demnach soll Inhabern von Jagdrevieren auferlegt werden, die Rettung von Jungwild, etwa Rehkitzen vor der Wiesenmahd, nach Möglichkeit zu unterstützen.
     
  • Munition: Ein weiteres Ziel ist es, Blei in der Umwelt zu verringern. Aus dem Grund ist geplant, mit einer Übergangsfrist von fünf Jahren bleihaltige Büchsenmunition bei der Jagd zu untersagen. 
     
  • Mitjagd: Die Möglichkeit dazu soll Teil vertraglicher Vereinbarungen zwischen Grundbesitzern und Jagdpächtern bei übermäßigen Wildschäden werden. Damit dürfen Grundstückseigentümer neben dem Jagdpächter jagen, gegebenenfalls, um bei Abschüssen bei zu großen Wildschäden zu helfen. 
     
  • Tiere in Siedlungen: Anders als das bisherige Jagdgesetz widmet sich die Novelle auch Wildtieren in Orten und Städten. Möglich werden soll eine Ausbildung von Jägerinnen und Jägern zu urbanen Wildberatern. Sie sollen Kommunen und Bevölkerung zum Umgang mit wilden Tieren in Siedlungen beraten.

  • Wolf: Er zählt zu den auch mal in Siedlungen vordringenden Wildarten und soll ins neue Jagdrecht für Rheinland-Pfalz aufgenommen werden. Das war von mehreren Seiten, darunter die CDU-Opposition, gefordert worden. Das Ministerium hatte sich längere Zeit dagegen verwehrt und auf die geringe Zahl an Wölfen im Land verwiesen. Nichtsdestotrotz bleiben die Hürden für den Abschuss eines Wolfs hoch.

    Laut Umweltministerium soll zunächst eine ganzjährige Schonzeit gelten. Ein Wolf darf weiter nur dann «entnommen» werden, wie es im Fachjargon heißt, wenn er ernste wirtschaftliche Schäden verursacht – etwa weil er Nutztiere reißt oder Menschen gefährdet. Die Aufnahme des Wolfs ins Landesjagdrecht geschieht vor dem Hintergrund, dass das Europäische Parlament kürzlich beschlossen hatte, den Status des Wolfs von «streng geschützt» auf «geschützt» zu senken. Der Schritt muss noch von den EU-Mitgliedsstaaten angenommen werden.

Der BUND begrüßt das Gesetz wegen der Naturverjüngung

Ein zu hoher Bestand an Schalenwild könne die natürliche Verjüngung des Waldes und die Entwicklung artenreicher, naturnaher Wälder stark behindern, erklärte Sabine Yacoub, Landesvorsitzende des Bunds für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) in Rheinland-Pfalz. «Daher ist die Jagd ein wichtiges Instrument für eine naturnahe Waldbewirtschaftung.» 

In vielen Regionen sei der Wildbestand zu hoch und die notwendige Naturverjüngung bleibe aus. «Wir begrüßen, dass dieses Problem mit der geplanten Änderung des Landesjagdgesetzes angegangen wird», sagte die BUND-Landeschefin. 

Der NABU hält Reform für überfällig 

Die Reform des Landesjagdgesetzes sei vor dem Hintergrund der immer stärker schwindenden Artenvielfalt, der fortschreitenden Klimakrise sowie aus weiteren Natur- und Artenschutzgründen dringend notwendig, betonte der Naturschutzbund Deutschland. Deshalb begrüße er diese längst überfällige Novellierung. Nach massiver Kritik des Landesjagdverbandes sei es jedoch zu einer deutlichen Abschwächung des ersten Entwurfes gekommen. 

Die Jäger kündigen harschen Widerstand an

Der Landesjagdverband nennt das Gesetz nach wie vor einem «Riesenfehler» und kündigte «harschen Widerstand» an. «Wir werden alle demokratischen Mittel nutzen und zivilen Ungehorsam zeigen, um das Inkrafttreten zu verhindern», teilte Präsident Dieter Mahr mit. Der Verband prüfe intensiv die Möglichkeit von einer Verfassungsbeschwerde, einem Volksbegehren und einem Volksentscheid. 

Das Gesetzesvorhaben halte insbesondere an dem Grundkonzept fest, die private Jägerschaft in Rheinland-Pfalz durch behördlichen Druck zu immer höheren Abschüssen zu zwingen, so die Kritik. Der damit einhergehende Kniefall vor wirtschaftlichen Interessen sei untragbar. «Es geht um wirtschaftliche Profite zulasten der Wildtiere», betonte Mahr. 

Eder spricht von einem Kompromiss 

«Der jetzt erarbeitete Entwurf ist ein mit viel Zeit und Geduld ausgehandelter Kompromiss zwischen den Interessen unterschiedlicher Verbände», sagte hingegen Ministerin Eder, «unter der Prämisse der Stärkung des Walderhalts und den Inhalten des Koalitionsvertrags.» Wenn der Landtag den Entwurf beschließt, müssen laut Ministerium dann noch Rechtsvorschriften wie zum Beispiel die Landesjagdverordnung erneuert werden.

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