Close

Ex-Vorständin der Klimastiftung: Priorität stets Kimaschutz

Schwerin (dpa/mv) – Die Fertigstellung der Gasleitung Nord Stream 2 war nach Überzeugung von Ex-Vorstandsmitglied Katja Enderlein nur ein befristeter Nebenzweck der Stiftung Klima- und Umweltschutz Mecklenburg-Vorpommern. Das Hauptaugenmerk der Anfang 2021 gegründeten Stiftung habe von Anfang an auf der langfristigen Umsetzung umwelt- und klimapolitischer Ziele gelegen. Diese seien detailliert in Paragraf 1 der Satzung benannt worden, betonte sie am Freitag in Schwerin vor dem Sonderausschuss des Landtags zur Klimastiftung. Bis Ende Dezember 2024 hatte die 52-Jährige dem ehrenamtlichen Stiftungsvorstand angehört.

In Paragraf 2 sei der Stiftung die Möglichkeit gegeben worden, einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zu etablieren, um den Stiftungszweck erfüllen zu können. Dazu habe auch der Auftrag gehört, sich am Weiterbau der Ostsee-Pipeline zu beteiligen. Die sei zu dem Zeitpunkt zu 95 Prozent fertiggestellt gewesen, die Vollendung aber durch Sanktionsdrohungen der USA gegen beteiligte Firmen ins Stocken geraten. «Für mich als Juristin war damit klar, dass es eine eindeutige Priorisierung der Aufgaben gab», stellte Enderlein fest. Sie ist heute Geschäftsführerin eines Greifswalder Gesundheitsunternehmens.

Insbesondere Umweltschutzverbände hatten die Stiftung hingegen als Tarnorganisation bezeichnet, die den Fertigbau der umstrittenen Gasleitung sicherstellen sollte. Auch die Grünen hatten das Projekt von Anfang kritisiert. 

Millionenaufträge für Pipelinebau

Nach Angaben Enderleins wurden durch den vom Teil Klimaschutz konsequent getrennten wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb Aufträge im Umfang von etwa 180 Millionen Euro ausgelöst, finanziert durch die Nord Stream 2 AG. Diese hatte der Stiftung 20 Millionen Euro für Umweltprojekte bereitgestellt. Über 20 Jahre hinweg sollten jeweils weitere zwei Millionen Euro pro Jahr gezahlt werden. «Das war nicht auf Kurzfristigkeit angelegt», sagte Enderlein. Doch zu den Folgezahlungen kam es nicht.

Nach den Worten Enderleins kappte der Stiftungsvorstand unmittelbar nach dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine aus eigenen Stücken die Verbindungen zur Nord Stream 2 AG, einem Tochterunternehmen des russischen Staatskonzerns Gazprom. Der Angriffskrieg Russlands habe eine Zäsur dargestellt. «Für uns war eine rote Linie überschritten», erklärte Enderlein. Der Vorstand habe zwar sofort Kontakte zur Landesregierung gesucht, aber keine Resonanz erfahren.

«Auflösung der Stiftung war rechtlich nicht möglich»

Der mit Nord Stream verbundene wirtschaftliche Geschäftsbetrieb sei rasch abgewickelt worden, für eine vollständige Auflösung der Stiftung, wie sie auch der Landtag beschloss, habe der Vorstand aber keine rechtliche Grundlage gesehen. Die Stiftung habe weiter über ausreichend Mittel verfügt und somit auch weiter ihren Hauptzweck Klima- und Umweltschutz erfüllen könne. 

«Die Landesregierung wollte die Auflösung. Das war politisch noch nachvollziehbar, rechtlich aber nicht umsetzbar», erklärte Enderlein unter Hinweis auf das Stiftungsrecht. Direkten Druck durch die Landesregierung habe sie persönlich nicht verspürt, doch seien die kontroversen Debatten um die Zukunft der Stiftung psychisch sehr belastend gewesen.

Stiftung unter neuer Führung 

Wegen der russischen Aggressionen gegen die Ukraine war die Gasleitung Nord Stream 2 nicht in Betrieb gegangen. Nach Beginn des Ukraine-Krieges hatte Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) die Stiftungsgründung und die Fertigstellung der Pipeline als Fehler bezeichnet. Die von ihr angestrebte Auflösung der Klimaschutz-Stiftung scheiterte aus rechtlichen Gründen. 

Im Dezember 2024 bestellte sie den Hamburger Insolvenzanwalt Christoph Morgen und den früheren MV-Bauernpräsidenten Detlef Kurreck als neue Vorstände und leitete damit den Rückzug des Landes aus der Stiftung ein, die es mit einem Stammkapital von 200.000 Euro ausgestattet hatte. Mit den Umständen der Stiftungsgründung und möglicher Einflussnahme von russischer Seite befasst sich ein Untersuchungsausschuss des Landtags.

Mehr insights