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Experte: Weitere Reinigungsstufe bei Kläranlagen wichtig

Wiesbaden (dpa/lhe) – Mit einer zusätzlichen vierten Reinigungsstufe können Kläranlagen viele Rückstände etwa von Arzneimitteln oder Pestiziden aus dem Abwasser filtern – jedoch kommt der Ausbau in Hessen nur schleppend voran. Bisher sei die Umrüstung nicht verpflichtend, jedoch ändere sich dies bald, erklärte der Gewässerexperte Rolf Leonhardt vom Hessischen Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) in Wiesbaden.

EU-Richtlinie Karl könnte für mehr Schwung sorgen

Mit der neu gefassten europäischen Kommunalabwasserrichtlinie (Karl) müssen künftig ausgewählte kommunale Kläranlagen die vierte Reinigungsstufe implementieren. Ausschlaggebend sind etwa Einwohnerzahlen und Schutzgebiete in der Umgebung.

Bereits in Betrieb befinden sich die vierte Reinigungsstufe der Kläranlage Mörfelden-Walldorf und der Kläranlage der Darmstädter Firma Merck. Seit April 2025 läuft nach Angaben des Umweltministeriums in der Kläranlage Bickenbach an der Bergstraße die vierte Reinigungsstufe. In der Planung sind demnach sechs weitere Kläranlagen im Hessischen Ried. 

Bisher sind drei Reinigungsstufen üblich

Bei den drei herkömmlichen Reinigungsstufen werden zunächst Feststoffe aus dem Wasser geholt, etwa Toilettenpapier oder Essensreste. In der zweiten Stufe, der biologischen Behandlung, wird das Abwasser mit Hilfe von Bakterien und anderen Mikroorganismen von organischen Verbindungen befreit. In der dritten Stufe, der chemisch-physikalischen, geht in erster Linie um die Entfernung von Phosphor.

Aufrüstung mit vierter Reinigungsstufe ist teuer

Mit Verweis etwa auf den Trinkwasserschutz mahnte Leonhardt, es sei wichtig, die Bevölkerung, die Kommunen und die Kläranlagenbetreiber vom Nutzen einer vierten Reinigungsstufe für die Umwelt und den Menschen zu überzeugen. Die Kommunen könnten die Kosten allerdings meist nicht allein stemmen und seien auf Fördermittel angewiesen.

Durch die Spurenstoffe seien nicht nur Gewässerorganismen gefährdet, sondern es werde auch die Trinkwasseraufbereitung aus Grundwasser beeinträchtigt, erläuterte der Experte. «So müssen Spurenstoffe in der Trinkwasseraufbereitung mittlerweile aufwendig und kostenintensiv entfernt werden.» Diese Kosten trügen die Verbraucher durch ihre Wassergebühren.

Trinkwasser wird geschützt

Die vierte Reinigungsstufe in Kläranlagen könnte diesem Trend entgegenwirken. «Diese können Spurenstoffe im Mittel zu über 80 Prozent aus dem Abwasser entfernen, wobei dies sowohl stoff- als auch verfahrensabhängig ist», ergänzte Leonhardt. Damit werde zunächst eine Verbesserung der Wasserqualität in dem Gewässer erreicht, in das die Kläranlage einleitet. «Etwas zeitverzögert profitiert dadurch aber auch die Qualität des Grundwassers.» Diese diene dem Schutz und Erhalt von reinem Trinkwasser.