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Erfurt/Jena (dpa/th) – Einzelner Lichtblicke zum Trotz ist die Zukunft des Feldhamsters in Thüringen ungewiss. «Einmal eingetretene Bestandseinbrüche und negative Trends sind, wenn überhaupt, nur mit großem Aufwand und mit hohen finanziellen Kosten zu stoppen oder gar umzudrehen», erklärt Nils Fröhlich vom Thüringer Landesumweltamt (TLUBN). Die vom Feldhamster besiedelten Flächen gehörten zu den produktivsten Landwirtschaftsflächen im Freistaat. Das erschwere die Schutzbemühungen. 

Das Verbreitungsgebiet der einst als Schädlinge verschrienen und nun streng geschützten Nager in Thüringen war laut Umweltministerium vor noch rund hundert Jahren etwa doppelt so groß wie heute. Auch die Dichte der Besiedlung sei damals um ein Vielfaches höher gewesen.

Drastischer Einbruch des Bestands

Genaue Zahlen zur Größe der Populationen gebe es nicht, so Fröhlich. Weil Feldhamster nicht einzeln gezählt werden könnten, werde die Größe über die Anzahl der Baue geschätzt. Auch auf frühere Populationsgrößen seien nur Rückschlüsse möglich. 

Die Schätzungen und Hochrechnungen genügten jedoch, um ein dramatisches Bild von der aktuellen Lage zu zeichnen: So waren dem TLUBN zufolge die Populationsgrößen zwischen den Zählperioden 2013 – 2018 und 2019 – 2024 rückläufig: In einigen Gebieten seien in der zweiten Zählperiode gar keine Feldhamster auf den Stichprobenflächen gefunden worden. 

Während in der früheren Erhebung noch drei Flächen mit «gut» eingestuft worden waren, erhielt in der Folgeperiode bis 2024 kein einziges Gebiet mehr dieses Prädikat. Stichprobenhafte Untersuchungen ließen darauf schließen, dass die Bestände weiter zurückgehen würden, so Fröhlich. 

Schutzbemühungen fruchten noch nicht

Dabei sind die Schutzbemühungen in Thüringen durchaus umfangreich: Im Freistaat habe sich in den vergangenen Jahren eine umfassende Struktur zum Schutz des Feldhamsters entwickelt, so Fröhlich. Insgesamt seien auf einer Gesamtfläche von rund 51.000 Hektar 35 Feldhamster-Schwerpunktgebiete ausgewiesen worden. 2025 wurden etwa 4.600 Hektar Land im Freistaat «Feldhamster-freundlich» bewirtschaftet. 

Zudem seien dem Umweltministerium zufolge aus verschiedenen Fördertöpfen von EU, Bund und Land seit 2017 rund vier Millionen Euro in den Feldhamster-Schutz geflossen. Erfreulich sei, dass auch der Thüringer Bauernverband ein Kooperationspartner im Hamster-Schutz sei. Das sei wichtig gewesen, um Landwirte für die Projekte zu gewinnen.

Trotz dieses Einsatzes konnte der Trend nicht gestoppt werden. «An lediglich zwei Stellen konnten die Bestände stabilisiert werden», fasst Jürgen Ehrhardt vom Nabu Thüringen zusammen. Dass die bisherigen Bemühungen zum Schutz so wenig fruchteten, liege vermutlich weniger an den Schwächen der Förderpolitik, erklärt Nancy Kühnel von der Stiftung Naturschutz Thüringen. Vielmehr passe die aktuelle ostdeutsche Agrarlandschaft grundlegend nicht mehr als Lebensraum für den Feldhamster, so Kühnel

Wie Landwirte für den Hamster gewinnen?

Allein die Landwirte für diese Entwicklung verantwortlich zu machen, sei jedoch zu kurz gegriffen: Auch Faktoren wie der Klimawandel, Lichtverschmutzung oder Zersplitterung der Landschaft trügen zur Entwicklung bei. Weitere Aufklärung über Schutzmöglichkeiten sei daher wichtig, vorhandene Programme müssten weitergeführt werden, fordert Kühnel.

In landwirtschaftlich genutzten Arealen müsse es etwa Parzellen geben, in denen sich die Hamster wieder stabil reproduzieren könnten, so Nabu-Sprecher Erhardt. «Das können auch relativ kleine Flächen sein.» Sinnvolle Maßnahmen zum Schutz des Feldhamsters seien etwa mehrjährige Blühstreifen, Brachen oder vielfältige Strukturen in der Agrarlandschaft. 

Wichtig seien zudem praktikable Artenhilfsprogramme und Maßnahmen, die von der Landwirtschaft realisierbar seien und auch umgesetzt würden. Landwirte müssten dauerhaft mit sinnvollen Naturschutzmaßnahmen, die auch dem Feldhamster dienten, Geld verdienen können. «Die bürokratischen Hürden dürfen dabei nicht zu hoch sein», so Erhardt.

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