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Für Familien, Sportler oder Ältere: Welcher Hund passt?

Dortmund/Bonn (dpa/tmn) – Wer einen Rassehund kaufen möchte, steht vor der Qual der Wahl. Denn das Spektrum ist immens: Laut dem Verband für das Deutsche Hundewesen (VDH) gibt es mehr als 340 Hunderassen mit zum Teil sehr verschiedenen Eigenschaften. Sowohl was Aussehen und Größe als auch Charakter und Temperament angeht.

«Das Wichtigste ist erst einmal, dass ich klären muss, ob meine persönlichen Voraussetzungen überhaupt stimmen», sagt VDH-Geschäftsführer Jörg Bartscherer. Sprich: Kann ich dem Hund gerecht werden? Habe ich genügend Zeit und die finanziellen Mittel? Ist für eine Betreuung gesorgt, wenn ich arbeite oder in den Urlaub fahre?

Sind alle diese Faktoren erfüllt, geht es bei der Auswahl der richtigen Rasse vor allem um eine Frage: Was passt zu meinem Lebensalltag und was möchte ich mit dem Hund machen? «Ein Jogger sollte sich keinen Mops zulegen, eine ältere Dame, die nur mal ein bisschen spazieren gehen möchte, keinen Border Collie», so Bartscherer.

Eigenschaften wichtiger als Äußerlichkeiten

Das Wichtigste: Sich nicht von Äußerlichkeiten leiten lassen, sondern sich ganz genau über die Rasse-Eigenschaften informieren. Beispiel Malinois: Ein Belgischer Schäferhund, der heute vermehrt bei der Polizei eingesetzt wird. «Wer sich einen Malinois wünscht, weil er so sportlich oder elegant erscheint, muss sich darüber bewusst sein, dass es Arbeitshunde sind. Die springen für einen SEK-Mitarbeiter durch die Scheiben», sagt Bartscherer.

«Es muss passen. Von beiden Seiten», meint auch Hundeexpertin Eva-Maria Krämer. Sie hat mehrere Ratgeber über Hunderassen geschrieben. Ihr Fazit: Für jeden Menschen findet sich die richtige Rasse. «Die Frage ist aber immer: Was kann ich dem Hund bieten? Kann ich seine rassespezifischen Bedürfnisse erfüllen? Und kann er bei mir glücklich sein?»

Auch die Kleinsten haben große Ansprüche

Beispiel Chihuahua: Nur weil es die kleinste Hunderasse der Welt ist, heißt das nicht automatisch, dass seine Haltung leicht und seine Ansprüche niedrig sind. «Das ist eigentlich ein Hund für Kenner», meint Krämer. Sie sehen zwar süß und harmlos aus, sind aber im Grunde doch sehr selbstbewusst und temperamentvoll und brauchen eine konsequente Erziehung. 

«Das Problem ist, dass sie verniedlicht werden und man nicht wirklich auf ihre Bedürfnisse eingeht. Eigentlich ist es ein großer Hund nur in Mini», so die Rasse-Expertin. «Wenn sie aber eine gute Führung haben und man richtig mit ihnen umgeht, sind es super Hündchen.»

Geheimtipp Tibet-Spaniel

Wer auf jeden Fall einen kleinen Hund haben möchte, sollte – wie bei allen anderen Vorlieben auch – nach Alternativen zu den populären Rassen suchen. «Mein Geheimtipp ist ein Tibet-Spaniel, die Ur-Form des Pekingesen mit einer genügend langen Nase», sagt Eva-Maria Krämer. Denn der sei sehr nett im Wesen, mache alles mit, sei handlich und auch für eine Familie mit Kindern geeignet.

Gute Familienhunde: Mittlere Größe und kein Sensibelchen 

Und wer gilt grundsätzlich als unkomplizierter Familienhund? «Da geht es schon los. Das bedeutet für jeden etwas anderes», meint die Expertin. Für sie etwa seien ihre Windhunde – drei Whippets – problemlos, für andere reiche es aus, wenn die Hunde einfach nur lieb im Sinne von aggressionslos seien. 

Wie Cocker Spaniels beispielsweise. Tatsache sei bei ihnen allerdings auch: «Das sind Stöberhunde und viele haben Probleme, sie zu erziehen.» Hinzu käme ihr unbändiger Fresstrieb und nicht zuletzt auch Herausforderungen bei der Fellpflege. Zudem entstünden oft Gesundheitsprobleme durch ihre tiefen Hängeohren. 

Ein guter Familienhund sei Krämers Ansicht nach vor allem eine Rasse mittlerer Größe, die nicht unbedingt als «Sensibelchen» gelte, sondern auch einiges aushalte.

Alles Retriever – unterschiedliche Eigenschaften

Und was hält die Fachfrau von diversen Retriever-Rassen? «Selbst ein Labrador, der als typischer Familienhund gilt, kann eine Herausforderung sein», sagt Krämer. Denn längst seien sie gar nicht unbedingt so «leicht erziehbar», wie es immer heißt. Etwa, weil sie oft sehr stur seien, oder aber, weil sie keineswegs bewegungsfaul seien.

Ebenso wie Nova Scotia Duck Tolling Retriever oder Flat Coated Retriever. «Da ist man dann eher bei der sportlichen Nummer», meint Krämer. Für viele seien vermutlich die Golden Retriever am besten geeignet.

Terrier, Collies und Pudel

Je nach Zuchtlinie kommen auch Terrier gut als Familienhunde infrage – der Manchester Terrier beispielsweise – oder auch Schnauzer, wenn man eine starke Persönlichkeit mitbringe. 

Und natürlich haben auch die «Lassie»-Nachfolger noch ihre Berechtigung: Allerdings müsse man bedenken, dass manche Zuchtlinien der Collies aufgrund ihres Felles sehr pflegeintensiv seien und auch nervlich oft nicht mehr so belastbar wie früher. «Vieles hängt von der Intention des Züchters ab, deshalb sollte man auch bei einer Rasse immer gut hinschauen», rät sie. 

Wer die Hunde seiner eigenen Kindheit in Erwägung zieht, kann getrost einen Pudel wählen: «Die sind klasse, vor allem die Größeren», sagt die Autorin. Wobei die Großpudel auch gerne mal jagen. «Aber auch die Kleinen sind genial!»

Jagdhunde für Jäger, Ridgebacks für Spezialisten

Klar seien Deutsch Drahthaar, Weimaraner und Bracken nahezu ausschließlich für Jäger geeignet. Und ein Kangal sei – wie alle Herdenschutzhunde – vor allem dann der richtige Hund, wenn man Wert auf Schutz lege, ein großes Grundstück und keinen Publikumsverkehr habe. 

Rhodesian Ridgebacks wiederum seien Hunde für Spezialisten: «Man muss sehr sehr konsequent sein und Spaß daran haben, einen Hund zu führen. Das ist nicht jedem gegeben», so die Hunde-Expertin. Und nicht zuletzt müsse man dieser Rasse auch körperlich gewachsen seien. «Mit 50 Kilogramm ist man da nicht unbedingt das richtige Frauchen.» 

Viele Vorteile: Dackel

Wer da auf Nummer Sicher gehen möchte, ist bei einem Dackel auf jeden Fall an der richtigen Adresse. «Die sind entzückend», findet Krämer. Wobei der Langhaar sehr sensibel sei, die Kurzhaare «etwas kerniger» und die Rauhaardackel eher als «kleine Wildsau» gelten. 

Alle seien zudem sehr wachsam, ohne unnötige Kläffer zu sein. Weitere Vorteile: «Einen Dackel läuft man nicht so schnell tot, aber er muss auch nicht jeden Tag mehrere Stunden laufen. Außerdem kann man ihn überall mit hinnehmen, und er passt auch in den Fahrradkorb.»

Kleine für Ältere, Terrier für Sportler

Gerade für ältere Menschen sei das geringe Gewicht einer Hunderasse von großer Bedeutung: Zum einen, weil sie sich problemlos hochheben lassen. Zum anderen, weil es leichter sei, für sie in Notfällen oder im Urlaub auch mal vorübergehend eine andere Pflegeperson zu finden. 

Wer selbst ein großer Wander-Fan ist, für den biete sich die gesamte Terrier-Bandbreite an. Und wer selbst super sportlich ist und seine Freizeit mit Agility-Turnieren verbringen möchte, für den kommt vor allem natürlich ein Border Collie infrage.

Einige Einschränkungen – und ganz viel Freude

Eines sollte man aber immer im Hinterkopf haben: Ganz gleich, wie gut man sich über eine Rasse im Vorfeld informiert hat – «man darf sie nicht mit einem Markenzeichen verwechseln», warnt Krämer. Ein Auto-Typ sei an jedem Ort zu jeder Zeit gleich.

«Bei einem Hund kann sich unter einer Käfer-Haube aber auch mal ein Porsche verstecken. Und umgekehrt.» Auch innerhalb einer Rasse gebe es deutliche Persönlichkeitsunterschiede, die ein guter Züchter erkennen und dem neuen Besitzer entsprechend zuordnen könne. 

Wer sich jedoch einmal für einen Hund entschieden hat – egal, wie lang das Fell oder wie kurz die Beine, ob eher Typ Couch-Potato oder Sportskanone – der wird nach Ansicht von Jörg Bartscherer ganz sicher auf vielfache Weise belohnt: «Man muss einige Einschränkungen in Kauf nehmen, aber man bekommt auf jeden Fall Lebensqualität, Glück und Freude zurück.»

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