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Büttelborn muss Biblis-Schutt nehmen – Weiter Unmut

Kassel/Büttelborn (dpa/lhe) – Der jahrelange Rechtsstreit um den Bauschutt vom Rückbau des stillgelegten AKW Biblis ist entschieden. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel hat die Büttelborner Deponiebetreiberin Südhessische Abfallverwertungs GmbH (SAVAG) dazu verpflichtet, rund 3.200 Tonnen leicht radioaktiven Abfalls aus dem Rückbau des Atomkraftwerks aufzunehmen. Damit bestätigte es eine entsprechende Entscheidung des Verwaltungsgerichts Darmstadt.

Beteiligte sehen Gesprächsbedarf

Doch Unmut bleibt. Der für die Entsorgung zuständige Zweckverband Abfallwirtschaft Kreis Bergstraße (ZAKB) sieht noch Gesprächsbedarf. Es geht um Geld. Was die Deponie in Büttelborn im Nachbarkreis Groß-Gerau als Entgelt für eine Tonne Schutt aufrufe, sei meilenweit von üblichen Preisen entfernt und man versuche so wohl, eine Lagerung zu verhindern, sagte der Vorstandsvorsitzende des ZAKB, Matthias Schimpf. 

Das Regierungspräsidium Darmstadt hatte die Deponie Büttelborn zur Lagerung verpflichtet. Es geht dabei um 3.200 von einer Million Tonnen Rückbaumaterial, die unter einem Grenzwert von zehn Mikrosievert Strahlenbelastung liegen, was nach Behördenangaben nicht gesundheitsbelastend ist, aber speziell freigegeben werden muss. Dagegen hatten sich die Büttelborner Deponie-Betreiberin und der Eigentümer des Deponie-Grundstücks vor Gericht gewehrt. 

Klagen unzulässig und zu spät begründet

Die Erfolgsaussichten der beiden Klagen seien der zentrale Gesichtspunkt für die Abwägung der verschiedenen Interessen bei der Anordnung des Sofortvollzugs, begründete der 5. Senat des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs seine Entscheidung. Die Klage des Grundstückseigentümers gegen den Bescheid sei bereits unzulässig, da ihm die Klagebefugnis fehle. Darüber hinaus folge der Senat der Auffassung des Verwaltungsgerichts, wonach die Deponiebetreiberin ihre Klage zu spät begründet habe. 

In der Folge der Entscheidung des Senats darf der Bescheid des Regierungspräsidiums Darmstadt den Angaben zufolge sofort umgesetzt werden. Der Beschluss ist nicht anfechtbar.

Weitere juristische Schritte?

«Mit der Entscheidung ist der Sofortvollzug da», sagte Schimpf. Doch man werde sich jetzt mit RWE als Betreiber zusammensetzen und mit dem Deponiebetreiber reden. «Wenn wir uns mit Büttelborn nicht über ein Entgelt einigen, dann muss das Land eine Entscheidung treffen. Wenn das Land nichts macht, werden wir gegebenenfalls noch einmal klagen.»

Kritik an politischen Institutionen

Die Kritik richte sich nicht gegen die Bürgerinitiative, die gegen die Deponierung des Bauschutts protestiert. Die hätten ihre demokratischen Rechte ausgeübt, sagte Schimpf. Die Kritik richte sich gegen den Bürgermeister von Büttelborn, Marcus Merkel (SPD), den Kreis, das Regierungspräsidium Darmstadt und das Land.

Was ist passiert?

Der Hintergrund: Am 16. November 2022 teilten Umweltministerium und Regierungspräsidium Darmstadt mit, das die Büttelborner Deponie den Schutt nehmen soll. Nach früheren Angaben des Umweltministeriums hatte sich keine der angefragten Deponien bundesweit bereit erklärt. Im Kreis Groß-Gerau gab es daraufhin einen Sturm der Entrüstung. In einer extra einberufenen Sondersitzung des Kreistages wurde über Parteigrenzen hinweg einstimmig die Lagerung des Schutts aus dem Nachbarkreis abgelehnt. Der Vorwurf: Man habe sich dort einen «schlanken Fuß» gemacht und hätte Jahre nach Alternativen suchen können. 

Nach dem Atomausstieg Deutschlands im Zuge der Fukushima-Katastrophe im Jahr 2011 wurde kurz darauf auch das Kraftwerk Biblis stillgelegt. Seit 2017 wird die Anlage abgerissen.

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