München/Stuttgart (dpa/lby) – Nach tagelangem Dauerregen sind angesichts übergelaufener Flüsse und Bäche in Bayern landesweit Nothelfer im Einsatz. Hunderte Menschen mussten in der Nacht zu Sonntag ihre Häuser verlassen. Bis zum späten Samstagabend hatten zehn bayerische Kommunen den Katastrophenfall ausgerufen, da vor allem die Donau und mehrere ihrer Zuflüsse bedrohlich anschwollen. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) sagte ein allmähliches Nachlassen des Dauerregens voraus, warnte aber für den Sonntag vor schweren Gewittern in Mittelfranken und der Oberpfalz.
Im bayerischen Landkreis Pfaffenhofen an der Ilm wurden in der Nacht mehr als 200 Menschen vor dem Hochwasser in Sicherheit gebracht oder verließen ihre Häuser selbst. Zwei Altenheime seien evakuiert worden, sagte Landrat Albert Gürtner (Freie Wähler) am frühen Sonntagmorgen. In den Häusern habe ein Stromausfall gedroht, die rund 140 betroffenen Bewohner seien in Krankenhäusern untergebracht worden. Zudem seien mindestens 100 weitere Menschen von Evakuierungen in ufernahen Bereichen betroffen gewesen. Im nördlichen Teil des oberbayerischen Landkreises befürchteten die örtlichen Behörden ein extremes Hochwasser, das eine Jahrhundertflut noch um das Eineinhalbfache übertreffen könnte.
Die Evakuierungsaufrufe im schwäbischen Landkreis Augsburg wurden in der Nacht ausgeweitet. Betroffen waren vor allem Kommunen am Fluss Schmutter, einem Zufluss der Donau. In der Augsburger Messe wurde eine Notunterkunft eingerichtet. Für Menschen, die die Gebiete nicht selbst verlassen können, wurden Busse bereitgestellt.
Im oberbayerischen Schrobenhausen wurde am späten Samstagabend eine Evakuierung von rund 670 Menschen angekündigt. Im Stadtteil Mühlried und einer Gasse entlang des Flusses Weilach sollten Radlader und Boote zum Einsatz kommen, wie das Landratsamt Neuburg-Schrobenhausen mitteilte. Auch diese Kommune hatte zuvor den Katastrophenfall ausgerufen.
Im schwäbischen Landkreis Dillingen spitzte sich die Lage am Samstagabend an der Zusam zu, einem Zufluss der Donau. Der Krisenstab des Landratsamts forderte bei der Bundeswehr Hilfe an. Die Fachleute erwarten an dem kleinen Fluss ein sogenanntes Jahrhunderthochwasser, das vor allem die nahen Orte Buttenwiesen und Wertingen treffen könnte.
Ein solches Jahrhunderthochwasser gab es auch im schwäbischen Kreis Günzburg, dort ließen die örtlichen Behörden Zehntausende Sandsäcke füllen, um den Fluten Einhalt zu gebieten. Ein Jahrhunderthochwasser ist im Behördensprachgebrauch eine Überschwemmung, wie sie sich im statistischen Mittel einmal in hundert Jahren ereignet. Das Bayerische Rote Kreuz entsandte Retter aus Unterfranken in die Region. Die Einsatzkräfte der Wasserwacht aus ganz Unterfranken sind speziell für Hochwassereinsätze ausgebildet, dazu gehören jeweils zwei Boots- und Tauchtrupps.
Vom DWD hieß es, von Norden her zögen neue Schauer und Gewitter auf, die vor allem am Sonntagnachmittag nochmals die Gefahr lokaler Überflutungen mit sich brächten. Die Schauer könnten kräftig ausfallen und zögen nur langsam. «Wenn das auf die gesättigten Böden trifft, dann hat man dort auch wieder schnell Überflutungen», sagte ein Meteorologe. In Bayern besonders gefährdet sind demnach die Regionen um Augsburg, Nürnberg, Bamberg und Regensburg.
Bis Sonntagvormittag soll es laut DWD-Prognose in Bayern innerhalb von 12 Stunden nochmals verbreitet 5 bis 10 Liter pro Quadratmeter regnen, gebietsweise vor allem südlich der Donau auch bis zu 20 Liter. Nördlich der Donau sind hingegen gebietsweise Gewitter zu erwarten, Hauptgefahr dabei sei kleinräumiger, aber heftiger Starkregen.