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Gemeinde Binz klagt gegen LNG-Terminal auf Rügen

Leipzig/Mukran (dpa/mv) –    Der Badeort Binz auf Rügen wehrt sich weiter juristisch gegen das Flüssigerdgas-Terminal im wenige Kilometer entfernten Hafen von Mukran. Eine Sprecherin des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig bestätigte auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur den Eingang einer Klageschrift gegen die behördliche Genehmigung des Projekts. (Az.: BVerwG7A6.25). 

Die Klage beziehe sich auf mehrere planungs- und genehmigungsrechtliche Mängel, teilte die Berliner Anwaltskanzlei Geulen & Klinger mit, die im Auftrag der Gemeinde Binz das Gericht anrief. So seien Risiken und Störfälle wie Brände und Explosionen sowie die hafenbedingt erschwerten Herausforderungen bei deren Bekämpfung nicht ausreichend berücksichtigt worden. Außerdem ist nach Überzeugung der Klägerin das Terminal in Mukran nicht geeignet, einen relevanten Beitrag zu leisten, um eine Krise der Gasversorgung zu bewältigen oder abzuwenden. «Tatsächlich gab es im gesamten Jahr 2024 weniger als zehn Tankeranläufe», hießt es in der Mitteilung.

Klage als Zeichen fortwährenden Widerstands 

«Wir sind vor zwei Jahren angetreten, um uns mit aller Entschiedenheit gegen das LNG-Terminal zu wehren. Diese Klage bildet den vorläufigen Höhepunkt unseres Widerstands», sagte der Binzer Bürgermeister Karsten Schneider. Angesichts offenkundiger Versäumnisse bei der Genehmigung und der geringen Auslastung sei er zuversichtlich, dass das Bundesverwaltungsgericht «diesem unsinnigen Projekt nun endlich ein Ende bereitet», so Schneider wörtlich. Eilanträge gegen die Inbetriebnahme waren vor einem Jahr vom Bundesverwaltungsgericht abgewiesen worden. 

Die Bürgerinitiative Lebenswertes Rügen begrüßte den neuerlichen Gang der Gemeinde Binz vor Gericht. Das LNG-Terminal widerspreche jeglichem Verständnis von Naturschutz und nachhaltiger Entwicklung an einem Ort, der für Erholung, Biodiversität und Lebensqualität stehe, heißt es in einer Erklärung. Schon der mit der Anlage verbundene Lärm störe das Alltagsleben massiv. 

Terminal-Kapazitäten nur zu Bruchteil genutzt 

Das Staatliche Umweltamt Vorpommern hatte trotz massiver Widerstände auf der Insel und Bedenken von Umweltschutzverbänden im April 2024 den Regelbetrieb des Terminals genehmigt, der allerdings erst im September aufgenommen wurde. Betreiber ist die Deutsche ReGas, die zwischenzeitlich zwei Spezialschiffe zur Umwandlung von verflüssigtem Erdgas (LNG) in Mukran stationiert hatte. Das Gas wird von dort über eine etwa 50 Kilometer lange Pipeline in der Ostsee zum Einspeisepunkt in Lubmin bei Greifswald geleitet. Wegen mangelnder Auftragslage wurde eines der gecharterten Regasifizierungs-Schiffe mittlerweile wieder abgezogen. 

Der Bund hatte den Aufbau der LNG-Importinfrastruktur in Form von Terminals an Nord- und Ostsee unter dem Eindruck des russischen Angriffs auf die Ukraine forciert, um unabhängig von russischen Gaslieferungen zu werden. Schwimmende Terminals werden im niedersächsischen Wilhelmshaven, in Brunsbüttel in Schleswig-Holstein und in Mukran betrieben. 

Das Staatliche Amt für Landwirtschaft und Umwelt in Stralsund hatte den Verzicht auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung für das Projekt auf Rügen damit begründet, dass das Terminal wichtig für die Versorgungssicherheit in Deutschland sei. Kritiker stellen dies aber in Zweifel und verweisen auf die anhaltend geringe Auslastung. 

Auch Umwelthilfe fordert Stopp für LNG-Terminal in Mukran  

Die Deutsche ReGas hatte die angestrebte Gesamtkapazität mit 13,5 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr angegeben. Nach Angaben der Deutschen Umwelthilfe (DUH) wurden im zurückliegenden Jahr von Mukran aus lediglich 1,3 Milliarden Kubikmeter Gas in das deutsche Leitungsnetz eingespeist. Im ersten Quartal 2025 seien die Aufnahmekapazitäten für verflüssigtes Erdgas, das per Schiff angeliefert wird, lediglich zu fünf Prozent ausgelastet gewesen. 

Damit habe sich das umstrittene Terminal in Mukran als «Fehlinvestition mit Ansage» bestätigt. «Es ist höchste Zeit, dieses ökologisch und ökonomisch unsinnige Projekt zu beenden», forderte DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner. Für die Energieversorgung Deutschlands spiele das LNG-Terminal auf Rügen so gut wie keine Rolle. Die private Deutsche Regas sieht sich indes auch als Opfer der Preispolitik des staatlichen Wettbewerbers Deutsche Energy Terminal (DET), der an seinen Terminals in Wilhemshaven und Brunsbüttel ebenfalls LNG importiert. 

Laut Umwelthilfe war der gesamte deutsche Gasimport 2024 um elf Prozent geringer als 2023. Der Anteil des mit Schiffen angelieferten Flüssiggases habe dabei acht Prozent betragen. Das Gros kommt somit weiterhin über Pipelines nach Deutschland. Hauptlieferanten sind Norwegen und die Niederlande.

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