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Kleidertausch statt Kaufrausch: Was tun gegen Fast Fashion?

Frankfurt/Darmstadt/Kassel (dpa/lhe) – Recyceln statt wegschmeißen, reparieren statt ersetzen – und tauschen statt neu kaufen. Auch in Hessen gibt es viele Möglichkeiten, um ein Zeichen gegen Fast Fashion zu setzen. So können auf Flohmärkten, in Secondhand-Geschäften oder Umsonstläden gebrauchte Klamotten erstanden werden. Auf Partys und speziellen Veranstaltungen werden Lieblingsteile getauscht. Und bei DIY-Workshops Kleider umgenäht und Textilien weiterverarbeitet. 

Unter Fast Fashion versteht man Kleidung, die billig produziert und von den Verbrauchern meist schnell durch neue ersetzt wird. «Müssen wir ständig neue Klamotten shoppen?» Diese Frage hat sich beispielsweise schon 2015 die Kasseler Greenpeace Jugend gestellt und ihre erste Kleidertausch-Party veranstaltet. Die ursprüngliche Location ist inzwischen viel zu klein, so viele Menschen kommen zu der Aktion. 

Fashion-Revolution-Aktionswoche in hessischen Städten

Um für mehr Verantwortung und Transparenz in der Modewelt zu sensibilisieren, findet aktuell die Fashion-Revolution-Aktionswoche statt – so auch in hessischen Städten. Hintergrund ist der Einsturz einer Textilfabrik vor genau zwölf Jahren, am 24. April 2013, in Bangladesch. Mehr als 1.100 Menschen starben. Rana Plaza, der Name des eingestürzten Fabrikkomplexes, steht bis heute sinnbildlich für die Ausbeutung von Textilarbeiterinnen. Nach der Katastrophe wurde die Fashion Revolution Week international ins Leben gerufen, die jedes Jahr im April organisiert wird. 

Unter dem Motto «Slow Fashion statt Wegwerfmode» gibt es etwa in Darmstadt in dieser Woche (22. bis 27. April) vielerlei Veranstaltungen: Kleidertauschpartys, ein Filmabend mit Diskussion, eine alternative Stadtführung, kreative Workshops mit Upcycling-Techniken – oder ein Pubquiz zum Abschluss am Sonntag. «Fast Fashion bedeutet Ausbeutung, Umweltzerstörung & Überproduktion – doch wir haben die Chance etwas zu ändern», erklären die lokalen Veranstalter. 

EU-Umweltagentur: Europäer kaufen so viel Kleidung wie nie

Erst kürzlich stellte die EU-Umweltagentur (EEA) einen erschreckenden Bericht vor, wonach die Menschen in der Europäischen Union so viel Kleidung, Schuhe und andere Textilien verbrauchen wie niemals zuvor. Demnach kaufte ein EU-Bürger im jüngsten Vergleichsjahr 2022 durchschnittlich schätzungsweise 19 Kilogramm an Textilien, darunter 8 Kilogramm an Kleidungsstücken, 4 Kilogramm an Schuhen sowie 7 Kilogramm an Haushaltstextilien. 2019 habe die Gesamtmenge noch bei 17 Kilogramm gelegen. Der Textilkonsum bringt nach EEA-Angaben hohe Belastungen für die Umwelt und das Klima mit sich.

BUND warnt vor Folgen für Umwelt und Klima

«Fast Fashion sorgt aufgrund der kurzen Nutzungsdauer der Kleidungsstücke für einen enormen Ressourcenverbrauch, Müll, Umweltverschmutzung durch Chemikalien und den Ausstoß klimaschädlicher Emissionen», warnt auch Jörg Nitsch, Landesvorsitzender des BUND Hessen. 

Recyclinglösungen für die wachsenden Textilberge seien bislang rar und die Schäden für die Umwelt groß. «Wir alle können diesem Trend gegensteuern, indem wir bewusster konsumieren: seltener kaufen, gebraucht kaufen, reparieren statt wegwerfen oder ganz gezielt Naturmode wählen», sagt Nitsch. 

Aber wie steht es etwa um die Secondhand-Branche in Hessen? «Das Interesse an Secondhand-Produkten wächst in Hessen kontinuierlich weiter und wird insbesondere in urbanen Räumen gut angenommen», sagt Sven Rohde, Geschäftsführer des Handelsverbands Hessen. 

Handelsverband: Interesse an Secondhand wächst

Der Handel mit gebrauchten Dingen wachse sogar stärker als der Einzelhandel insgesamt. «Besonders beliebt sind gebrauchte Mode, Elektronik und Fahrräder. Die Hälfte der Konsumierenden kauft bereits heute Secondhand, sechs von zehn planen weitere Käufe.»

Die Frankfurter Veranstalter der Fashion Revolution Week haben es sich auch in diesem Jahr zum Ziel gesetzt, verschiedene Zugänge zum Thema Nachhaltigkeit zu eröffnen. Bei der zentralen Veranstaltung am Mittwoch vermischten sich Kunst, Workshop, Diskussion und Kurzfilme zu einem Raum für kritische Auseinandersetzung.

«Wir haben mit der Zeil eine der umsatzstärksten Einkaufsstraßen. Wir sehen nur die Einkaufstüten, aber nicht, was im globalen Süden passiert», sagt Maike Thalmeier, Gründerin des Frankfurter Ablegers. «Bei der Fashion Revolution Week wollen wir aber nicht nur darüber sprechen, was falsch läuft, sondern auch darüber, wie man es anders machen kann. Es fängt im Kleinen an.» Wie das konkret aussehen kann, demonstriert die Gruppe auch außerhalb der Aktionswoche mit einer Kleidertauschparty inklusive DJ und einem Workshop im Weben in Offenbach am 21. Mai.