Schwerin (dpa/mv) – Mecklenburg-Vorpommern muss sich infolge des Klimawandels auf mehr Extremwetterereignisse wie Starkregen, einen Anstieg des Meeresspiegels und höhere Temperaturen einstellen. «Wenn die Entwicklung ungebremst so weitergeht, dann haben wir in etwa 30 Jahren in Rostock ein Klima wie in Paris», sagte Tobias Fuchs vom Deutschen Wetterdienst (DWD) in Schwerin bei der Vorstellung des neuen Klimareports für MV. Auf knapp 90 Seiten werden dort bisherige Klimaveränderungen dargestellt, Auswirkungen auf Menschen und Natur gezeigt und Vorhersagen getroffen.
Temperaturanstieg setzt sich fort
Wie aus dem Bericht hervorgeht, ist die Jahresmitteltemperatur im Nordosten seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1881 um 1,7 Grad angestiegen. Dabei zeigt sich insbesondere seit 2001 ein sprunghafter Anstieg. Je nach Szenario sei bis zum Ende dieses Jahrhunderts eine weitere deutliche Erwärmung zu erwarten. Die Spanne reiche von 1,1 bis 3,7 Grad, sagte Fuchs.
Mit Jahresmittelwerten von über 10,3 Grad waren die Jahre 2019, 2020 und 2023 laut Report die bislang wärmsten in MV. Die Zahl der durchschnittlichen Sommertage mit 25 Grad und mehr erhöhte sich innerhalb weniger Jahrzehnte von 20 auf 29 pro Jahr. 2018 wurde mit 59 solcher Tage ein Höchstwert verzeichnet. Gleichzeitig reduzierte sich die Zahl der Frosttage. Das hat zur Folge, dass der Vegetationsbeginn früher einsetzt und das Ende des Pflanzenwachstums später kommt.
Erderwärmung mit Folgen für Landwirtschaft und Küstenschutz
Die Erderwärmung schreite immer schneller voran, der Klimawandel sei auch in Mecklenburg-Vorpommern längst Realität, sagte Agrar- und Umweltminister Till Backhaus (SPD). Darauf müsse sich die Landwirtschaft einstellen, hitzeresistente Sorten anbauen und mit dem Wasser besser haushalten. «Wir müssen mehr tun, um das Wasser, das auch mal in großen Mengen kommen kann, in der Fläche zu halten», sagte der Minister.
Auch der Küstenschutz müsse an die sich ändernden Bedingungen angepasst werden. Die Sturmflut vom Herbst 2023 habe gezeigt, dass der Schutz der Küsten und der dort lebenden Menschen eine permanente Aufgabe sei. «Wir bekommen das Abschmelzen der Pole ganz direkt zu spüren. Bis 2100 wird der Wasserspiegel um 67 Zentimeter bis einen Meter steigen. Darauf muss man sich vorbereiten», sagte Backhaus.
Andererseits wachse mit fortschreitender Erwärmung und längeren Hitzeperioden auch die Gefahr von Waldbränden. Neben einer besseren technischen Ausstattung der Feuerwehren begegne das Land dieser Entwicklung mit dem zielgerichteten Umbau der Wälder. Das Anpflanzen von mehr Laubbäumen mache die Wälder weniger anfällig.
Klimaanpassungsstrategie bis Ende 2026
Der nun vorliegende Klimareport sei eine der Grundlagen für eine Klimaanpassungsstrategie, die von der Landesregierung entwickelt werde. Eine Risikoanalyse solle bis Mitte 2025 vorliegen. Die Klimaanpassungsstrategie solle nach Abstimmung mit den Kommunen und öffentlicher Diskussion bis Ende 2026 erstellt werden, sagte Backhaus. Diese sei laut Bundes-Klimaanpassungsgesetz für alle Bundesländer verpflichtend.
Wann das von ihm schon länger angekündigte Landesklimaschutzgesetz kommt, ließ der Minister offen. Der Entwurf sei noch in der Ressortabstimmung. Das Umweltministerium sei nicht für den fortwährenden Verzug verantwortlich. «Wir haben geliefert. An uns liegt es nicht», sagte Backhaus.
Grüne fordern Taten
Die oppositionellen Grünen nahmen den Klimareport zum Anlass, Backhaus erneut zum Handeln aufzufordern. «Der Klimaschutz in MV wird weiterhin massiv vernachlässigt. Statt zentrale Themen wie Emissionsreduktion, nachhaltige Mobilität und den Ausbau erneuerbarer Energien gezielt anzugehen, verweist der Minister lediglich auf langwierige Anpassungspläne», beklagte der Grünen-Landtagsabgeordnete Hannes Damm.
Die Klimarisikoanalyse komme zu spät. «Es braucht jetzt konkrete und sofortige Maßnahmen – nicht nur Analysen», mahnte Damm und verwies auf das von seiner Fraktion bereits in den Landtag eingebrachte Landesklimaschutzgesetz. Da die Landesregierung ihrem eigenen Zeitplan hinterherhinke, habe seine Partei einen eigenen Gesetzentwurf erarbeitet, der das Ziel der Klimaneutralität bis 2035 verfolge und einen Klimaschutzmaßnahmenplan vorsehe.