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Landtag in Sorge wegen russischer Schattenflotte

Kiel (dpa/lno) – Die Gefahr durch ältere Gas- und Öltanker der sogenannten russischen Schattenflotte in Nord- und Ostsee sorgt fraktionsübergreifend Landtagsabgeordnete in Schleswig-Holstein. Das Parlament fordert, bereits verhängten Sanktionen sowie EU-Embargos gegenüber Russland strikt durchzusetzen und die Schiffe konsequent zu kontrollieren. 

«Ohne den Krieg in der Ukraine gäbe es sie gar nicht, die Schiffe der sogenannten russischen Schattenflotte, mit denen Russland Zehntausende Tonnen Öl und Chemikalien über Nord- und Ostsee transportiert, um die Embargos der Europäischen Union zu umgehen», sagte der CDU-Europapolitiker Rasmus Vöge. 

Notwendig sei eine Gefährdungshaftung mit Versicherungspflicht für Schiffe in deutschen Gewässern, die auch die Bergung und die Beseitigung von Umweltschäden im Falle einer Havarie beinhalte.

Was ist die Schattenflotte?

Mit Schattenflotte sind Schiffe gemeint, die Russland nutzt, um einen westlichen Preisdeckel für russische Ölexporte in Drittstaaten zu umgehen. Diese oft überalterten Tanker sind nicht in der Hand westlicher Reedereien und häufig ohne ausreichenden Versicherungsschutz unterwegs.

Notwendig sei auch eine Lotsenpflicht in der Kadetrinne, sagte Vöge. Jährlich passierten mehr als 60.000 Schiffe eines der schmalsten Fahrwasser in Europa. «Die Schiffe der Schattenflotte bedrohen unsere Küsten.» Jede Havarie habe weitreichende Folgen. Schiffe, die ihre Anker mehr als 50 Kilometer über den Boden schleiften, seien nicht in friedlicher Absicht unterwegs. Sie müssten im Zweifel festgesetzt werden.

Effektives Handeln

China und Russland beobachteten genau, ob und wie der Westen auf diese Angriffe reagiere, sagte Vöge. Notwendig seien Investitionen in die Modernisierung der maritimen Überwachungssysteme. «Unsere Küstenwache und Marine müssen in der Lage sein, schnell und effektiv zu handeln, um unsere Interessen zu schützen.»

Viele Sanktionen seien schwierig umzusetzen, sagte die Grünen-Europapolitikerin Eka von Kalben. Die Schattenflotte stelle eine erhebliche Bedrohung für Umwelt und Sicherheit dar. «Wir müssen uns bewusst machen, dass die russische Schattenflotte eine gezielte Strategie Russlands ist, um zum einen die bestehenden internationalen Sanktionen und Embargos zu umgehen und zum anderen eine ständige Bedrohungslage zu schaffen.»

In den vergangenen Monaten sind auffällig viele unterseeische Kabel in der Ostsee beschädigt worden. Dabei besteht in mehreren Fällen der Verdacht, dass es um Sabotage durch Schiffe mit Verbindung zu Russland geht. 

«Die aktuellen Vorfälle auf der Ostsee machen uns deutlich: Auch wir sind Gegenstand russischer Angriffe», sagte der SPD-Europapolitiker Marc Timmer. «Die russische Schattenflotte ist Teil davon.» Der Katastrophenschutz müsse auf Havarien vorbereitet sein.

Sein FDP-Kollege Heiner Garg wertete die Schattenflotte als weiteres Indiz für Bedrohungslage, vor der nicht nur Deutschland stehe.

Schwarz: Angemessen vorbereitet

Europaminister Werner Schwarz (CDU) sagte, die Ostsee bleibe Knotenpunkt für Handel und Sicherheit. Er unterstützt die Forderung nach einer Lotsenpflicht. «Wir sind zwar angemessen vorbereitet, um Schadensfällen zu begegnen.» Noch besser sei es, wenn diese gar nicht erst einträten. 

Zur Schattenflotte soll auch der vor Rügen havarierte Öltanker «Eventin» stehen. Die EU-Staaten haben ihn bereits auf die Liste der Sanktionen gegen Russland gesetzt. Er ist damit eines von mehr als 150 Schiffen der sogenannten Schattenflotte, gegen die Sanktionen gelten. 

Die «Eventin» trieb im Januar stundenlang manövrierunfähig in der Ostsee – sämtliche Systeme waren ausgefallen. Deutsche Einsatzkräfte sicherten den Tanker und schleppten ihn in ein Gebiet vor Rügen unweit der Stadt Sassnitz. Seitdem liegt er dort.

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