Schwerin (dpa/mv) – Die Bundesregierung unter der damaligen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat nach Angaben von Mecklenburg-Vorpommerns Finanzminister Heiko Geue (SPD) dem Land bei der Gründung der politisch umstrittenen Klimastiftung MV freie Hand gelassen. Nachdem sich herausgestellt habe, dass der damalige Landeswirtschaftsminister Harry Glawe (CDU) entgegen Absprachen die Kanzlerin dazu nicht direkt kontaktiert hatte, habe Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) das Projekt vorübergehend gestoppt und im Dezember 2020 selbst das Gespräch gesucht.
«Nach meiner Erinnerung war es allen Mitgliedern der Landesregierung wichtig sicherzustellen, dass das Land Mecklenburg-Vorpommern mit der Gründung der Stiftung nicht gegen außenpolitische Interessen Deutschlands verstößt», sagte Geue als Zeuge vor dem Sonderausschuss des Landtags zur Klimastiftung.
Aus der Rückmeldung Schwesigs habe er den Schluss gezogen, dass Merkel in der Stiftungsgründung keinen Akt sah, der gegen deutsche Interessen gerichtet ist. Sie habe sich aber auch nicht festlegen wollen, dass dadurch die Interessen Deutschlands gefördert würden. «Letztendlich habe ich die Rückmeldung der Bundeskanzlerin so in Erinnerung, dass dies eine Entscheidung Mecklenburg-Vorpommerns sei, die sie zur Kenntnis nehme, aber sich nicht einmischen könnte», berichtete Geue und fügte hinzu: «Erlauben Sie mir die Bemerkung: So war die Bundeskanzlerin.»
Gazprom-Tochter Nord Stream 2 AG als Hauptgeldgeber
Der SPD-Politiker war von 2019 bis 2021 Chef der Staatskanzlei und damit auch in die Vorbereitungen der Stiftungsgründung eingebunden, die wesentlicher Teil der Nachforschungen des Untersuchungsausschusses ist. Die Stiftung war Anfang 2021 nach einem Beschluss des Landtags gegründet worden, insbesondere, um den Fertigbau der Pipeline Nord Stream 2 für russisches Erdgas gegen Sanktionsdrohungen der USA abzusichern. Nach der Fertigstellung sollten nur noch Umweltprojekte gefördert werden. Das Land gab zur Gründung 200.000 Euro Kapital, von der Nord Stream AG, die dem russischen Staatskonzern Gazprom gehört, kamen 20 Millionen Euro.
In der Sitzung des Ausschusses kamen erneut auch die als «Kamin-Gate» bekannte Verbrennung von Steuerunterlagen der Stiftung und der Streit um die Rechtmäßigkeit der erhobenen Schenkungssteuer zur Sprache. Für Schlagzeilen hatte gesorgt, dass eine Finanzamtsmitarbeiterin die Unterlagen, nach eigenen Angaben aus reiner Panik, verbrannt hatte. Das strafrechtliche und auch das disziplinarrechtliche Verfahren dazu sei abgeschlossen. Die Verbrennung habe die Bearbeitung des Falls nicht behindert, da zwischenzeitlich Kopien vorgelegen hätten, sagte Geue.
Streit um Schenkungssteuer noch nicht beigelegt
Im Ergebnis seien 9,8 Millionen Euro an Schenkungsteuer gefordert und von der Stiftung auch bezahlt worden. Allerdings ist der Rechtsstreit um die Rechtmäßigkeit noch nicht rechtskräftig entschieden. Der Stiftungsvorstand hatte Rechtsmittel gegen ein Urteil des Finanzgerichtes Greifswald eingelegt.
Geue betonte mehrfach, dass er sich weder bei den Ermittlungen zum Verbleib der Steuerunterlagen, noch bei der Entscheidung zur Besteuerung der Stiftung eingemischt habe. «Es hat durch mich keine politische Beeinflussung im Besteuerungsverfahren gegeben», sagte Geue.
Die Opposition im Schweriner Landtag hatte zuvor mehrfach Vermutungen geäußert, dass in dem Fall seitens der Landesregierung politischer Druck aufgebaut worden sein könnte.
Grüne beklagen mangelnden Transparenz
Der Grünen-Abgeordnete Hannes Damm erneuerte seine Kritik an der aus seiner Sicht mangelnden Transparenz der Regierung in dem Fall. So seien Anfragen zum Verbleib der Steuerunterlagen nicht oder verspätet beantwortet worden. Geue begründete dies mit dem Steuergeheimnis. Da es lange Zeit keine umfassende Befreiung davon durch den Stiftungsvorstand gegeben habe, seien ihm die Hände gebunden gewesen.
Nach Überzeugung Damms belegt eine Presseauskunft seines eigenen Hauses vom April 2022 aber, dass dies eine Schutzbehauptung sei: «Heute wurde endgültig klar: Beim Schweigen zum Kamin-Gate ging es nie um das Steuergeheimnis – es ging einzig und allein um den Schutz der Landesregierung. Es sollte ein Skandal vertuscht werden, den der Chef des betroffenen Finanzamts später selbst als „Super-GAU“ bezeichnet hat», erklärte Damm