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Minister: Ohne CO2-Speicherung droht Abwandern von Industrie

Potsdam (dpa/bb) – Brandenburgs Wirtschaftsminister Daniel Keller (SPD) hält es zum Erreichen der Klimaziele für unverzichtbar, das Treibhausgas Kohlendioxid (CO2) aus der Industrie künftig abzuscheiden und zu speichern. Ohne den Aufbau dieser Technologien bestehe die Gefahr, dass Unternehmen etwa der Stahl- und Zementindustrie aus Deutschland abwanderten, sagte Keller anlässlich der Vorstellung eines vom Ministerium in Auftrag gegebenen Gutachtens. Brandenburg strebt bis 2045 Klimaneutralität an. 

Ein CO2-Leitungsnetz in Brandenburg wäre nach einem im Gutachten genannten Szenario im Jahr 2045 länger als 300 Kilometer. Es umfasst Schwedt im Nordosten Brandenburgs mit der Ölraffinerie, Standorte der Stahl- und Zementindustrie in Rüdersdorf und Eisenhüttenstadt sowie den südlichen Spree-Neiße-Kreis. 

Dafür müssten Investitionen von insgesamt 3,6 Milliarden Euro veranschlagt werden, heißt es in der 2024 fertiggestellten Studie. 6,2 Millionen Tonnen CO2 könnten im Jahr 2045 vermieden werden. Das Wirtschaftsforschungsunternehmen Prognos hat für das Gutachten insgesamt 30 Industrieanlagen an 23 Standorten berücksichtigt.

Worum geht es bei der CO2-Speicherung? 

Sogenannte CCS- und CCU-Technologien sollen eingesetzt werden, wenn die klimaschädlichen Emissionen nicht oder nur schwer vermieden werden können wie etwa bei der Kalk- und Zementproduktion und der Abfallverbrennung. Das Treibhausgas soll nicht in die Atmosphäre freigesetzt werden. 

Bislang müssen Unternehmen Zertifikate erwerben für jede Tonne CO2, die sie ausstoßen. Der Preis im Emissionshandel steigt schrittweise. 

CCS steht als englische Abkürzung für «Carbon Dioxide Capture and Storage». Gemeint ist, dass CO2 etwa bei industriellen Prozessen eingefangen und zu einer unterirdischen Lagerstätte gebracht und dort eingespeichert wird. CCU geht noch weiter: Der Begriff steht für «Carbon Dioxide Utilization». Das abgeschiedene Kohlendioxid wird dabei weiter genutzt, etwa als Grundstoff für die chemische Industrie. 

Der Klimaforscher Ottmar Edenhofer vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung hatte 2024 betont, ohne CO2-Speicherung werde Deutschland seine Klimaziele nicht erreichen. Die Technologien werden von Fachleuten aber auch als sehr teuer, teils wissenschaftlich umstritten und schwer skalierbar eingestuft. Der zusätzliche Energieaufwand dafür wird kritisiert.

Regierung strebt keine CO2-Speicherstätten in Brandenburg an

Eigene unterirdische Lagerstätten in Brandenburg strebt Wirtschaftsminister Keller nicht an und verweist dabei auch auf Proteste in der Bevölkerung. Er kann sich vielmehr eine Offshore-Speicherung in Skandinavien vorstellen, gemeint ist die Nordsee. 

Auch die Bundesregierung fasst einen Export ins Auge. Norwegen etwa hat bereits Erfahrung mit der CO2-Speicherung tief unter dem Meeresboden. Gegen die Erkundung von möglichen unterirdischen Kohlendioxidspeichern gab es in Beeskow im Oder-Spree-Kreis zuletzt breiten Protest gegen das Energieunternehmen Vattenfall. 

Wirtschaftsminister dringt auf Gesetz des Bundes

Wirtschaftsminister Keller sagte, der Bund müsse im Austausch mit den Bundesländern eine gemeinsame Lösung finden und eine «klare Gesetzgebung» hinbekommen. Aber auch Brandenburg plane, eine «Carbon Management Strategie» zu erarbeiten sowie die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft. Das Unternehmen Cemex in Rüdersdorf etwa will ein Projekt zur CO2-Abscheidung umsetzen. 

Die schwarz-rote Bundesregierung will ein Gesetz zur Abscheidung, unterirdischen Speicherung und Nutzung von CO2 in Deutschland verabschieden. Unter der vorherigen Ampel schafft es das Gesetzvorhaben nicht mehr durch Bundestag und Bundesrat.