Erfurt/Jena (dpa/th) – Die Naturschutzorganisation Nabu Thüringen blickt kritisch auf Passagen aus der Koalitionsvereinbarung zwischen CDU, BSW und SPD zum Thema Wolf. «Anstelle sich den grundlegenden Problemen von Weidetierhaltern und anderen Landnutzern zu widmen, soll der Weg für die Jagd auf die wenigen Wölfe in Thüringen freigemacht werden», bemängelt die Organisation das Papier an der Stelle.
Im Koalitionsvertrag heißt es: «Ein Wolf- und Wildtiermanagement werden wir ermöglichen und die rechtlichen Grundlagen für die Regulierung der Wolfbestände schaffen, sowie die Schäden bei Tierhaltern ausgleichen.»
Der Landesverband Thüringer Schafzüchter und der Thüringer Bauernverband halten es dagegen für begrüßenswert, wenn ein Abschuss der bisher streng geschützten Wölfe künftig einfacher werden könnte. Dabei gehe es um solche Wölfe, die etwa auch besonders hohe Schutzzäune überwinden, um immer wieder Schafe und andere Weidetiere zu reißen, betont André Rathgeber, Fachreferent beim Bauernverband. «Es muss perspektivisch unkomplizierter werden und die hohen bürokratischen Hürden müssen dafür gesenkt werden.»
Rathgeber verweist auch auf einen Beschluss des Europarats, wonach der Schutzstatus des Wolfs herabgesetzt werden soll und die rechtlichen Auflagen für einen Abschuss der Tiere entschärft werden sollen. Allerdings dürfte es noch einige Zeit dauern, bis das EU-Recht tatsächlich dahingehend geändert wird.
Unterstützung für Weidetierhalter gefordert
Einig sind sich Nabu und Bauernverband darin, dass die Weidetierhalter unterstützt werden müssen. Auch deshalb, weil die Schafzucht kaum wirtschaftlich betrieben werden könne, die Paarhufer aber als Landschaftspfleger für schützenswerte Naturflächen wichtig seien.
«Für diese ökologische Leistung, die die Weitertierhalter tagtäglich vollbringen, braucht es wieder mehr gesellschaftliche Beachtung und auch ökonomische Wertschätzung. Die zukünftige Regierung sollte hier die Hebel ansetzen, anstatt ziellos die wenigen Wölfe in Thüringen abschießen zu wollen», argumentiert Nabu-Wolfexperte Silvester Tamás.
Bedenken wegen Biber und Co.
Der Nabu fürchtet aber nicht nur um den Wolf. Diese Formulierung im Koalitionsvertrag lässt den Verband ebenfalls aufhorchen: «Wildtiere, die die Produktion von Lebens- und Futtermitteln beeinträchtigen, werden wir regulieren und, wo dies artenschutzrechtlich nicht geboten ist, Schäden erstatten». Hier fürchtet der Verband, dass «regulieren» letztlich dazu führen könnte, dass etwa auch Biber und Fischotter zum Abschuss freigegeben werden.
Dabei erfüllten die Tiere wichtige Funktionen im Ökosystem. Andere sehen im Fischotter eine Gefahr für die Teichwirtschaft, und die Dämme von Bibern können zu Überflutungen auf Landwirtschaftsflächen führen. Ein gutes Wildtiermanagement brauche Maßnahmen für Mensch und Natur gleichermaßen, betont der Nabu-Naturschutzreferent Marcus Orlamünder.