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Nest fängt Feuer: Viele Störche nisten in Lebensgefahr

Flörsheim/Bischofsheim (dpa/lhe) – Ein Storchennest auf einer Stromleitung bei Flörsheim (Main-Taunus-Kreis) hat in der Nacht Feuer gefangen. Vermutlich habe ein Kurzschluss die Flammen verursacht, sagte ein Polizeisprecher. Die Feuerwehrleute löschten den Brand, den der Storch glücklicherweise unversehrt überstand. Die Feuerwehr kontaktierte nach eigenen Angaben den Stromversorger, der den Strom vorübergehend abschaltete. 

Der Vogel saß zunächst noch in seinem Nest, als die Einsatzkräfte ankamen, wie eine Sprecherin der Feuerwehr berichtete. Während der Maßnahmen flog er davon, kam später aber wieder. 

Nur der untere Teil des Nestes sei durch die Flammen beschädigt worden. Nach Einschätzung der Sprecherin könnte das Nest den Brand heil genug überstanden haben, um dem Storch weiterhin als Zuhause zu dienen. Zuvor hatte der Hessische Rundfunk über den Einsatz berichtet.

Immer wieder tote Störche an Strommasten

Doch nicht immer geht es glimpflich aus, wenn Störche und Stromleitungen aufeinandertreffen. So mussten am selben Tag in Bischofsheim im Landkreis Groß-Gerau die Feuerwehr und der Netzbetreiber ausrücken, weil ein Storch tot in einer Stromleitung hing. Ein zweiter Storch habe auf dem Boden gelegen – ebenfalls tot, erzählte Bernd Petri, Weißstorchexperte beim Naturschutzbund Hessen (Nabu), der als Gutachter vor Ort war. Ein Einzelfall ist das nicht: Allein im Rhein-Main-Gebiet seien in diesem Jahr bereits zehn Störche an Hochspannungsmasten gestorben. 

Brennpunkte in Hessen seien insbesondere Strom- und Funkmasten in Wiesbaden, im Landkreis Groß-Gerau sowie im Main-Taunus-Kreis. «Wir haben die letzten Jahre vermehrt Störche, die versuchen, dort zu nisten», sagte Petri. Viele Jungstörche seien selbst in Nestern an Stromleitungen groß geworden. Wenn sie sich dann ihren eigenen Nistplatz suchten, ließen sie sich ebenfalls auf einem Mast nieder, weil sie diese Umgebung gewohnt seien. «Somit zieht man sich das Problem groß, wenn man nicht gegensteuert.» 

Masten unattraktiver machen

Vor Ort in Bischofsheim waren auch die Mainzer Netze. Der Netzbetreiber arbeitet seit mehreren Jahren mit Behörden und Verbänden zusammen, um Konzepte zum Umgang mit den Störchen entwickeln. Dabei geht es nicht nur um Tierschutz: «Auch die Versorgungssicherheit wird dadurch beeinflusst», sagte Fachbereichsleiter Ioannis Kombouris. So habe es in der Vergangenheit schon Stromausfälle im Zusammenhang mit Storchennestern gegeben, etwa in Wiesbaden, in Groß-Gerau und auch bei Großkunden. 

Die Maßnahmen der Mainzer Netze zielen darauf ab, die Störche vom Nisten auf den Masten abzuhalten und dazu zu bewegen, sich lieber einen Platz auf einem Baum oder an einer weniger gefährlichen Stelle am Mast zu suchen. Dazu verbaut der Netzbetreiber Kleinwindräder auf den Masten – dort, wo die Störche üblicherweise nisten würden. Früher lag die Zahl der Vorfälle bei einer hohen zweistelligen Zahl pro Jahr, so Kombouris. Inzwischen sei sie aber gesunken. «Wir haben dadurch deutlich weniger Störungen im Netz.» In diesem Jahr seien aber mehr Störche unterwegs.

Petri: Netzbetriebe in der Verantwortung

Rund 1.400 Störche gibt es Ornithologe Petri zufolge in Hessen. Auch für dieses Jahr erwartet er eine Steigerung der Brutpaare. So schön es sei, dieses Wachstum zu sehen: Wenn man die Tiere an solchen gefährlichen Stellen nisten lasse, etwa aus falsch verstandener Tierliebe, dann tue man ihnen damit keinen Gefallen. «Die Netzbetriebe sind in der Verantwortung, Vergrämungsstrukturen aufzubauen», sagte Petri. 

So sei eine weitere Möglichkeit zum Schutz von Tieren und Infrastruktur, Kugelhälften auf die äußere Traverse eines Mastes zu stülpen. Das solle dafür sorgen, dass die Vögel mit ihrem Nistmaterial keinen Halt fänden. Gefährlich ist es für Störche demnach vor allem, wenn die Isolatoren an einem Mast besonders kurz sind, sodass das Nest nah an der Stromleitung liegt. Bei Feuchtigkeit kann es dann zu einem Überschlag kommen – und das Nest fängt Feuer.