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Nord Stream-Ex-Chef: Idee zur Stiftungsgründung kam von uns

Schwerin (dpa/mv) – Die Idee zur Gründung der Klimaschutzstiftung MV kam nach Angaben des früheren Geschäftsführers der Nord Stream 2 AG, Matthias Warnig, vom Unternehmen. Wegen der Sanktionsdrohungen der USA gegen am Bau der Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 beteiligte Firmen habe nach alternativen Möglichkeiten gesucht werden müssen, die Leitung fertigzustellen. Dies mit Hilfe einer Umweltstiftung zu tun, die über einen gesonderten wirtschaftlichen Teil verfügt, sei firmenintern im September 2020 erstmals erörtert worden, sagte Warnig im Untersuchungsausschuss des Schweriner Landtags. 

Am 5. November 2020 habe es dazu dann einen persönlichen Austausch mit der Landesregierung in Schwerin gegeben. «Erst in einem Gespräch mit Herrn Pegel in seinem Büro und dann sind wir gemeinsam in die Staatskanzlei gegangen und haben die Thematik mit der Ministerpräsidentin besprochen», sagte Warnig. Christian Pegel (SPD) sei als damaliger Energieminister erster Ansprechpartner für die Nord Stream AG mit Sitz im schweizerischen Zug gewesen. 

Treffen zu Stiftungsgründung in Schwerin

Laut Warnig gaben der Aufsichtsrat von Nord Stream 2 und die beteiligten Investoren am 24. November dann grünes Licht für die Stiftungsgründung. Ein Brief von US-Senatoren mit Sanktionsdrohungen gegen den Hafen in Mukran auf Rügen, dem Logistikzentrum für den Pipelinebau, habe für Handlungsdruck gesorgt. Andere Überlegungen, die Fertigstellung der Gasleitung sicherzustellen, habe es zwar gegeben, doch seien diese nicht zielführend gewesen, sagte Warnig. Am 26. November habe dann Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) bei einem weiteren Treffen in Schwerin ihre Zustimmung zur Stiftungsgründung signalisiert. 

Jedoch habe sie darauf verwiesen, dass die Stiftungsgründung eines Landtagsbeschlusses bedürfe und die Bundesregierung informiert werde. Der Landtagsbeschluss wurde dann im Februar 2021 ohne Gegenstimme gefasst. 

Nach Ansicht des Obmanns der CDU-Fraktion im Ausschuss, Sebastian Ehlers, widerlegt die Aussage Warnigs, der als Vertrauter von Russlands Präsidenten Wladimir Putin galt, die Darstellung der Landesregierung, selbst die Stiftungsgründung initiiert zu haben. «Die Stiftung war keine Idee aus Schwerin, um die heimische Wirtschaft vor Sanktionen zu schützen. Sondern die Idee wurde in Moskau geboren und sie kam, so der Zeuge, aus der Rechtsabteilung von NS 2», erklärte Ehlers. Auch die Stiftungssatzung sei im Wesentlichen vom Unternehmen angefertigt worden. Ähnlich äußerten sich auch Vertreter von AfD, Grünen und FDP.

SPD widerspricht Opposition 

Diesen Auffassungen widersprach SPD-Obmann Thomas Krüger. «Fakt ist: Herr Pegel hat nie behauptet, er habe die alleinige Idee zur Stiftung gehabt. Fakt ist: Die Endfassung der Satzung ist weitgehend durch Herrn Pegel zusammengestellt worden», heißt es in einer Mitteilung Krügers. Es sei stets darum gegangen, billige Energie für Deutschland zu sichern und die am Bau beteiligten Unternehmen zu schützen. «Es waren die Landesregierung und der Landtag, die die politische Entscheidung trafen, die Stiftung zu gründen. Das alles haben alle gewusst», betonte Krüger.

Pegel, heute Innenminister, betonte in einer eigenen Stellungnahme, die Endfassung der Satzung weitgehend selbst zusammengestellt zu haben. Bei der Erarbeitung habe er unterschiedliche Formulare und Vorlagen eingesetzt und es habe dabei auch Anregungen der Nord Stream 2 AG gegeben. Zudem habe er wiederholt mitgeteilt, dass er mit Ansprechpartnern auf Seiten der Nord Stream 2 AG im Jahr 2020 im regelmäßigen Kontakt stand. Dabei sei es um eine Vielzahl von Fragen gegangen, etwa zum Baufortschritt bei Nord Stream 2, um mögliche US-Sanktionen und auch um Überlegungen für eine Stiftungsgründung durch das Land. 

Die mit 20 Millionen Euro der Gazprom-Tochter Nord Stream 2 AG finanzierte Klimaschutz-Stiftung ist umstritten. Nach Ansicht von Kritikern wurde unter dem Deckmantel des Umweltschutzes ein Projekt fossiler und damit klimaschädlicher Energieträger fertiggestellt. Allerdings ging die Pipeline infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine nicht in Betrieb.

Grüne wollen Sondersitzung zur Befragung von Ex-Kanzler Schröder 

Ursprünglich sollte am Freitag auch der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) im Nord Stream 2-Untersuchungsausschuss gehört werden. Doch hatte er aus gesundheitlichen Gründen kurzfristig seine Teilnahme abgesagt. Nach dem Willen der Grünen soll Schröder aber noch vor der Bundestagswahl vernommen werden. Die Oppositionsfraktion stellte in der Sitzung am Freitag den Antrag, Schröder in einer Sondersitzung am 21. Februar als Zeugen zu hören. Die SPD-Fraktion machte deutlich, dass sie eine Sondersitzung für nicht erforderlich hält und die Befragung in einer regulären Sitzung später nachgeholt werden solle.

Schröder war nach seinem Ausscheiden aus der Politik lange Jahre für russische Energieunternehmen aktiv. Unter anderem als Präsident des Verwaltungsrats der Nord Stream 2 AG, sorgte er für Verbindungen zwischen Wirtschaft und Politik.

«Gerhard Schröder war als zentraler Akteur im Kontext von Nord Stream 2 in mehrfacher Hinsicht eng in die Vorgänge eingebunden. Seine Aussagen sind von entscheidender Bedeutung, um die politischen Verstrickungen der Landesregierung vollständig aufzuklären», erklärte der Grünen-Abgeordnete Hannes Damm. Schröder und Ministerpräsidentin Schwesig hätten sich während der Bauzeit der Pipeline nachweislich mehrfach getroffen. 

Die Oppositionsparteien CDU, Grüne und FDP, auf deren Initiative der Sonderausschuss eingerichtet worden war, erhoffen sich von der Befragung Schröders weitere Aufschlüsse über mögliche Einflussnahmen Russlands auf Entscheidungen der Landesregierung im Zusammenhang mit dem Bau von Nord Stream 2 und der Stiftungsgründung.

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