Berlin/Warschau (dpa/mv) – Mit Blick auf eine mögliche neue Ölförderung vor der polnischen Ostseeküste unweit der deutschen Grenze erinnert das Bundesumweltministerium an die Klimaziele der Europäischen Union. Die EU wolle bis 2050 klimaneutral werden, möchte dann also nicht mehr Treibhausgase ausstoßen als auch wieder gebunden werden können, sagte ein Ministeriumssprecher in Berlin. Investoren müssten wissen: «Die Förderung von Öl und Gas ist ein Geschäft mit einem klaren Ende.»
Die Informationen zu dem Vorkommen lägen jetzt beim polnischen Umwelt- und Klimaministerium und würden dort ausgewertet. Man gehe davon aus, dass es im weiteren Verfahren zu einer Umweltverträglichkeitsprüfung komme, die wahrscheinlich grenzüberschreitend sein werde. Man sei mit den polnischen Behörden im Kontakt, eine Förderung in Küstengewässern läge aber in der Zuständigkeit Mecklenburg-Vorpommerns.
Das kanadische Unternehmen Central European Petroleum (CEP) hatte Probebohrungen durchgeführt. Dem Ergebnis zufolge wird das förderbare Vorkommen von Erdöl und Gasen auf 200 Millionen Barrel Öläquivalent (je 159 Liter) geschätzt, teilte CEP jüngst in Warschau mit. Das Ölfeld Wolin East liegt etwa sechs Kilometer von Swinemünde (Swinoujscie) entfernt. Während der Erkundung war die Bohrplattform auch vom deutschen Teil der Insel Usedom sichtbar.
Unternehmen war auch schon in MV aktiv
Sollte sich das Vorkommen bestätigen, wäre es der größte Fund in Polen mindestens seit dem Zweiten Weltkrieg, sagte der polnische Chefgeologe Krzysztof Galos der Nachrichtenagentur PAP zufolge. Eine Förderung könnte in drei bis vier Jahren beginnen.
CEP hatte bereits in der Vergangenheit in aus DDR-Zeiten bekannten Erdöl-Lagerstätten in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg mit verbesserten Methoden nach Öl und Gas gesucht, später aber entsprechende Aktivitäten eingestellt. Auch auf Usedom hatte das Unternehmen nach Öl gesucht. Eine langfristig wirtschaftliche Förderung war dort nach früheren Unternehmensangaben aber nicht möglich.
Landesministerium: grenzüberschreitende Prüfung zugesagt
Nach Angaben des Schweriner Wirtschaftsministeriums hat die Umweltbehörde in Stettin (Szczecin) zugesagt, dass Deutschland nach der Antragsstellung auf Exploration beziehungsweise Gewinnung im Rahmen einer grenzüberschreitenden Umweltverträglichkeitsprüfung beteiligt wird.
Das Ministerium hatte zudem der Zeitung «Welt» mitgeteilt, dass sich der Öl-Fund teils auf deutschem Hoheitsgebiet befinde. Es sei davon auszugehen, dass es sich um die zu Zeiten der DDR erbohrte Lagerstätte «Heringsdorf» handle. Inhaberin der Bergrechte für die Lagerstätte auf deutscher Seite sei die Neptune Energy Deutschland GmbH.
CEP teilte auf Anfrage hingegen mit, bei dem nun präsentierten Fund handle es sich um Öl samt dazugehörigem Gas, und dieser Fund stehe nicht in Verbindung mit früheren Funden von Gas-Kondensat in Heringsdorf.
Kritik aus Mecklenburg-Vorpommern
Das Unternehmen ist unter anderem durch frühere Überlegungen zur Gasförderung auf der Insel Usedom bekannt. Als Projektnachfolger von Engie E&P Deutschland hat es vor Jahren aber entsprechende Pläne gestoppt. Nach damaligen Angaben hatten Projektprüfungen gezeigt, dass die Erdgasförderung auf Usedom damals nicht wirtschaftlich zu betreiben sei. Die Erdgasförderung auf der Insel Usedom war wegen der befürchteten Auswirkungen auf Natur und Tourismus sehr umstritten.
Auch die neuen Pläne auf polnischer Seite stoßen auf Widerstand aus Mecklenburg-Vorpommern. «Es muss absolut ausgeschlossen werden, dass es durch die angedachte Öl- und Gasförderung negative Effekte auf den Tourismus auf deutscher und polnischer Seite der Insel Usedom gibt», erklärte zuletzt Krister Hennige, Präsident der IHK Neubrandenburg für das östliche Mecklenburg-Vorpommern. Die deutsche Seite sei bisher nicht in das Vorhaben involviert, sodass auch keine Informationen zu möglichen Umweltrisiken und deren Vermeidung vorhanden seien, hieß es von der Kammer. «Durch diese Nichteinbeziehung der deutschen Seite wird das deutsch-polnische Verhältnis unnötigerweise weiter belastet», kritisierte Hennige.