Rostock (dpa/mv) – An der mecklenburgischen Ostseeküste vor Boltenhagen läuft am Wochenende ein Pilotprojekt zur Munitionsbergung an. In 30 Tagen sollen aus rund 22 Metern Tiefe bis zu 15 Tonnen Altmunition aus dem Zweiten Weltkrieg vom Meeresgrund geholt werden. Die Kampfmittel würden danach entsorgt, sagte Umweltminister Till Backhaus (SPD), der mit Bundesumweltstaatssekretär Jochen Flasbarth, den Auftakt der Aktion beim ausführenden Unternehmen Baltic Taucherei- und Bergungsbetrieb in Rostock gab.
Dessen Bergeplattform «Baltic Lift» soll am Freitag (8. August) von Rostock in Richtung Wismarer Bucht auslaufen. Am Wochenende soll die Bergung beginnen. «Wir wissen nicht genau, was uns dort unten erwartet», sagte Unternehmenschef Eyk-Uwe Pap. Die sichtbare Munition sei nur die Spitze des Eisberges. Der Großteil der 80 Jahre alten Kampfmittel wie Granaten und Panzerfäuste dürfte unter meterhohem Sediment und Schlamm liegen.
Munition mit Schute versenkt
Die 30-tägige Aktion bei Großklützhöved vor Boltenhagen (Landkreis Rostock) ist Teil des Sofortprogramms Munitionsaltlasten in Nord- und Ostsee, für die insgesamt 100 Millionen Euro aus Bundesmitteln zur Verfügung stehen. Die Kosten für die Bergung vor Boltenhagen werden mit rund fünf Millionen Euro beziffert.
In der Wismarer Bucht gibt es die Besonderheit, dass die Munitionsaltlasten zusammen mit einer Schute versenkt wurden, weshalb sich der Großteil der Munition vermutlich neben der bäuchlings nach oben liegenden Schute – einem Transportschiff – befinde. Pap schätzte das Gesamtvolumen auf knapp 1.000 Tonnen. Bei dem Projekt sollen vor allem Erkenntnisse über Munition und Bergung gesammelt werden.
Per Tauchaufzug nach unten
Die Räumungsarbeiten sollen rund um die Uhr laufen. Das Team arbeitet dabei in zwei Schichten zu je 24 Mitarbeitern. Zum Schlafen werden sie mit Crew-Schiffen an Land gebracht. An Bord des umgebauten «Baltic Lifts», der früher ein Tankschiff war, sind mehrere Tauchaufzüge, die die Taucher auf 22 Meter Tiefe bringen. Die Munition wird noch unter Wasser vorsortiert und gesondert in Kisten verladen. Per Schiff wird sie dann nach Wismar gebracht und dort über den Landweg in eine Entsorgungsanlage des Bundes transportiert.
Die Munition auf dem Meeresboden stellt nach Expertenaussagen ein extremes Risiko für die Umwelt dar. Seit Jahrzehnten roste sie vor sich hin und vergifte Ost- und Nordsee durch den austretenden TNT-Sprengstoff, hieß es. Dem Thema widmet sich künftig das neue Bundeskompetenzzentrum zur Munitionsbergung in Nord- und Ostsee, das in Rostock angesiedelt wird.