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Purpurerle statt Buche: Städte setzen auf Klimabäume

Darmstadt/Kassel/Frankfurt (dpa/lhe) – Nicht nur dem Wald geht es schlecht, auch die Bäume in Hessens Städten leiden massiv unter den Folgen des Klimawandels. Um das Grün in Parks und entlang von Straßen zu erhalten, setzen Kommunen auf Baumarten, die mit dem Klima besser zurechtkommen sollen.

Altbäume können Stress nicht mehr standhalten

«Der Klimawandel macht in Gießen nicht Halt und die Bäume in der Stadt sind hier ein sensibler Gradmesser», teilte eine Sprecherin der Stadt mit. Im zurückliegenden Jahr hätten rund 300 Stadtbäume gefällt werden müssen, meistens wegen Pilzbefalls. «Viele Altbäume konnten den gestiegenen Stressfaktoren in der Stadt nicht mehr standhalten», erläuterte die Sprecherin. Als Ersatz seien bewährte Klimabäume gepflanzt worden, unter anderem die Purpurerle, Ulmensorten oder bestimmte Eichenarten.

In Kassel mussten innerhalb der vergangenen fünf Jahre durchschnittlich jährlich 220 Stadtbäume aufgrund klimabedingter Ausfälle vollständig gefällt werden, wie das Umwelt- und Gartenamt mitteilte. «Diese Zahl ist im Vergleich zu Jahren mit durchschnittlich normalen Niederschlägen zu ungefähr 30 Prozent erhöht.» Jungbäume und Einzelbäume seien häufiger betroffen.

Als «Ökotorsi» können Bäume weiter wertvoll sein

«Grundsätzlich stellt die Fällung eines Baumes dabei immer das letzte Mittel dar», erläuterte das Umweltamt in Kassel. Mit Blick auf die Verkehrssicherheit werde zunächst geprüft, ob Baumstümpfe stehen bleiben können. Diese sogenannten Ökotorsi böten einer Vielzahl von Organismen Lebensraum. «So erfüllen Bäume auch über ihr eigentliches Baumleben hinaus eine wertvolle ökologische Funktion.»

Die Stadt Kassel plant aktuell die Pflanzung von rund 1000 Bäumen. «Dies beinhaltet den Ersatz von knapp 250 abgestorbenen Bäumen, circa 750 Stück werden auf neue Standorte gepflanzt», erläuterte das Umweltamt. Eingesetzt würden klimafitte Baumarten, darunter der Zürgelbaum, die Gummiulme und «Henrys Linde».

«Nach Möglichkeit werden alle gefällten Bäume nachgepflanzt»

Das Frankfurter Grünflächenamt schätzt, dass von 2019 bis 2023 rund 2000 Bäume in Grünanlagen und an Straßen infolge des Klimawandels abgestorben sind. «Aufgrund der schlechteren Standortbedingungen von Straßenbäumen, im Vergleich zu Bäumen innerhalb einer Grünanlage, sind diese in einem noch höherem Maß von Klimaextremen betroffen, welche sich negativ auf die Vitalität auswirkt», teilte eine Sprecherin mit. Das Grünflächenamt ersetze anfällige Bäume mit neuen Baumarten, die in Bezug auf Hitze und Trockenheit robuster, aber auch ausreichend frosthart sind.

«Nach Möglichkeit werden alle gefällten Bäume nachgepflanzt», erläuterte die Sprecherin. Entlang der Straßen könnten Standorte jedoch wegfallen, etwa wenn neue Leitungen im Boden verlaufen. «In Grünanlagen werden prinzipiell alle gefällten Bäume ersetzt, außer der Bestand ist zu dicht und der junge Baum hat keine Entwicklungschance.»

Auch Parkbäume leiden

Einer jüngst vorgestellten Studie der Technischen Universität Berlin zufolge geht es vielen Bäumen in historischen Parkanlagen in Deutschland schlecht. Demnach waren 2022 fast 60 Prozent leicht bis schwer beschädigt, zum Teil sogar tot. «Grundsätzlich können wir diese Tendenz bestätigen», sagte der Leiter des Fachgebietes Gärten und Gartendenkmalpflege bei den Staatlichen Schlössern und Gärten Hessen, Philipp Ludwig. Der Klimawandel mit seinen direkten und indirekten Folgen habe erheblich negativen Einfluss.

In einigen Anlagen könnten Bäume durch intensive Pflege gesund gehalten werden. Anderen Ortes würden die Probleme besonders stark zutage treten. So seien etwa die staatlichen Parks Fürstenlager im südhessischen Bensheim oder im Hanauer Stadtteil Wilhelmsbad in den zurückliegenden Jahren besonders schwer betroffen gewesen. So mussten seit 2017 in Wilhelmsbad rund 800 Bäume gefällt werden. Im Fürstenlager seien es aktuell rund 250.

Wassermangel schwächt Abwehr der Bäume

Das größte Problem sei die anhaltende Trockenheit in mehreren aufeinanderfolgenden Jahren gewesen. «Der Wassermangel führt zu Zuwachs- und Vitalitätsverlusten, so dass Bäume nicht mehr ausreichend mit ihren eigenen Abwehrmechanismen auf Krankheiten und Schädlinge reagieren können», sagte Ludwig. Dies führe zu Schädlingen und Pilzbefall bis hin zum Absterben des Baumes.

In den waldartigen Teilen der Anlagen setze man auf eine Naturverjüngung und wenn möglich auf heimische Arten. «Lässt sich diese örtlich nicht mehr mit den anstehenden Bedingungen vereinbaren, gilt es robuste Alternativen zu finden, die in das gestalterische und denkmalpflegerische Konzept passen», sagte Ludwig.

Auch der Platanenhain auf dem Unesco-Welterbe Mathildenhöhe in Darmstadt litt unter Trockenheit und unter Menschenmengen. Der Boden sei so verdichtet gewesen, dass er zu wenig Wasser und Sauerstoff aufnehmen konnte. 40 Bäume mussten nach Angaben der Stadt gefällt werden, 46 neue wurden gepflanzt.

Buchen leiden aktuell besonders stark

«Bäume an jedweden Standorten in der Stadt leiden enorm unter den aktuellen Witterungsbedingungen», erklärte eine Sprecherin der Stadt Offenbach. In Straßen geschehe dies unabhängig von der Art aufgrund der Extremstandorte mit Erhitzung, Wind, Versiegelung und damit auch Trockenheit sowie Schadstoffeintrag. «In Parks und waldartigen Beständen findet eher ein artenabhängiges Absterben der Bäume statt», erläuterte sie. Besonders betroffen seien Ahorn, Birke, Fichte, Kiefer und aktuell extrem Buchen, die dem Trockenstress und den Wetterextremen nicht mehr standhalten könnten.

Aus dem Grünflächenamt in Wiesbaden hieß es: «Bäume in Parks und Anlagen in der Innenstadt weisen die gleichen Trockenstressanzeichen auf, wie die Bäume entlang von Straßen.» Alle Bäume, die in der Landeshauptstadt gefällt werden müssen, würden durch eine Neupflanzung mit einer klimaangepassten Baumart ersetzt.» Allein in diesem Frühjahr pflanze die Stadt knapp 220 Bäume, im Herbst kämen weitere hinzu. In den Straßenzügen kommen den Angaben zufolge die unterschiedlichsten Arten zum Einsatz, darunter Feldahorn, Erlen, Eschen oder Kirschen.

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