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Referendariat untersagt – Klimaaktivistin mit neuer Klage

München (dpa/lby) – Im Streit um die Zulassung zum Referendariat will die angehende Lehrerin und Klimaaktivistin Lisa Poettinger eine erste Niederlage vor Gericht nicht hinnehmen. Nachdem das Verwaltungsgericht München einen Eilantrag abgelehnt hatte, haben Poettinger und ihre Anwältin Adelheid Rupp nun «Hauptsacheklage» eingereicht, wie die Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Bayern, Martina Borgendale, sagte. Rupp kündigte an: «Im Zweifelsfall werden wir bis vor das Bundesverwaltungsgericht ziehen.»

Das Kultusministerium in Bayern hatte der Lehramtsstudentin im Februar dieses Jahres offiziell ihre Zulassung zum Referendariat verweigert. Daraufhin zog Poettinger gegen den Freistaat vor das Gericht. Rupp beantragte den Erlass einer einstweiligen Anordnung auf eine vorläufige Zulassung.

Poettinger arbeitet aktuell als Schulbegleiterin und in einem Kindergarten. «Es ist eine totale Ungewissheit, wie es jetzt weitergeht», sagte sie.

GEW-Vorsitzende: Sogar der Papst äußerte sich kapitalismuskritisch

Die GEW zeigt sich weiter solidarisch mit Poettinger. «Wir, als die Gewerkschaft von Frau Poettinger, sind der Meinung, dass ihr das Grundrecht auf Ausbildung und freie Berufswahl nicht weiter verwehrt werden darf», sagte Borgendale. Als Grund habe das Kultusministerium unter anderem eine «mangelnde charakterliche Eignung» genannt. Dies habe das Ministerium daran festgemacht, dass Poettinger «Begriffe wie Profitmaximierung oder generelle Kritik am Kapitalismus äußert».

Kritik an den gesellschaftlichen Verhältnissen und der Wirtschaftsordnung müsse nicht nur erlaubt sein, sondern sei darüber hinaus wesentlich für die Weiterentwicklung des Zusammenlebens, sagte die GEW-Vorsitzende. Sogar der gerade verstorbene Papst Franziskus habe sich kapitalismuskritisch geäußert. «Was wir brauchen, sind Lehrerinnen und Lehrer, die bereit sind, in ihrer Freizeit für ihre Überzeugung einzutreten und ihren Schülerinnen die Partizipation an einer gesunden Demokratie vorzuleben.»

Poettinger: Drohschreiben bekommen

Poettinger kritisierte, dass das Kultusministerium ihre «charakterliche Eignung» bewertet habe: «Ich war ziemlich wütend, als ich das gelesen habe, weil was erlaubt sich dieses Staatsministerium, meinen Charakter zu beurteilen?» Menschen wie sie, «die sich auf eine linke Art und Weise für Klimagerechtigkeit einsetzen», würden «zu Antidemokrat*innen gemacht».

In einem Drohschreiben, welches Rupp und sie erhalten hätten, seien sie als «linke Schlampen» beleidigt und ihnen Vergewaltigung angedroht worden. «Wir lassen uns nicht einschüchtern», sagte Poettinger. Rupp habe bereits Strafanzeige gestellt.

Ministerium: Klimaaktivismus nicht der Grund für Verweigerung

Das Kultusministerium in Bayern begründet die Verweigerung der Zulassung zum Referendariat von Poettinger unter anderem mit deren Mitgliedschaft und ihrem Engagement für eine linksextremistische Gruppierung, gegenwärtig laufenden strafrechtlichen Ermittlungsverfahren sowie dem öffentlichen «Billigen von Straftaten».

Poettinger ist Mitglied in der Gruppe «Offenes Antikapitalistisches Klimatreffen München», welches der bayerische Verfassungsschutz als linksextrem einstuft. Sie hatte sich wiederholt an Protesten für mehr Klimaschutz engagiert – hierzu laufen noch offene Verfahren gegen sie.

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