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Rückflug? Kraniche in Sachsen-Anhalt eher heimisch geworden

Magdeburg (dpa/sa) – Kraniche gelten als Frühlingsboten – doch in Sachsen-Anhalt scheinen sie den Winter einfach übersprungen zu haben. Trotz niedriger Temperaturen sind tausende Kraniche nicht in den Süden gezogen, sondern haben die kalte Jahreszeit hier verbracht, wie der stellvertretende Vorsitzende des Naturschutzbunds (Nabu) Sachsen-Anhalt, Martin Schulze, sagt. «Man hört „Die Kraniche kommen zurück“. Ich würde sagen, die waren gar nicht weg.»

Normalerweise ziehen die Vögel im Herbst in wärmere Regionen wie Frankreich oder Spanien. Das gilt zum einen für die mehr als 1.000 Kranich-Brutpaare in Sachsen-Anhalt, zum anderen für die fast 150.000 Vögel aus dem Norden und Osten, die hier durchziehen. Doch der Trend verändert sich. Mildere Winter und ausreichend Nahrung sorgen dafür, dass immer mehr Kraniche in Deutschland bleiben.

Auch in anderen Teilen Deutschlands überwintert

Laut Schätzungen der Landesarbeitsgemeinschaft Kranichschutz haben bis zu 4.000 Kraniche in Sachsen-Anhalt überwintert. Bundesweit zeichnet sich ein ähnliches Bild ab: Experten gehen davon aus, dass rund 20.000 Vögel auf ihre traditionelle Reise nach Süden verzichtet haben.

Ob alle Vögel, die derzeit in Sachsen-Anhalt zu sehen sind, auch dort heimisch sind, ist allerdings schwer zu sagen. Viele sammelten sich an Orten mit günstigen Bedingungen, erklärt Schulze. «Man kann kaum unterscheiden, welche Kraniche gar nicht weggezogen sind und welche sich nur an günstigen Orten sammeln.»

Kälte ist kein Problem – aber Schnee könnte es werden

Dass die Vögel bleiben, liegt nicht an höheren Temperaturen allein. Kälte an sich ist für Kraniche kein Problem, wie Axel Schonert von der Landesarbeitsgemeinschaft Kranichschutz erklärt. Sobald aber der Boden zufriert oder eine Schneedecke das Futter unzugänglich macht, ziehen viele Kraniche doch noch weiter nach Süden und Westen.

2023 wurden nach Angaben des Kranichschutzverbands mehr als 1.000 Brutpaare in Sachsen-Anhalt gezählt. «Wir gehen davon aus, dass es 2024 sicherlich nicht weniger geworden sind», sagt Schonert. Die Zahlen für das vergangene Jahr sollen Anfang März veröffentlicht werden. 

Die Vogelart gehört zu den Erfolgsarten des modernen Artenschutzes. Ihr Bestand hat sich dem Nabu zufolge in den vergangenen Jahren kontinuierlich erholt. Vor 30 Jahren gab es in Sachsen-Anhalt nur eine Handvoll Brutpaare; zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren die Vögel in Deutschland fast ausgestorben.