Schwerin (dpa/mv) – Bei der Entscheidung über die Steuerpflicht der Klimaschutzstiftung MV ist nach Angaben leitender Mitarbeiter des zuständigen Finanzamtes Ribnitz-Damgarten weder politischer noch dienstlicher Druck auf die Behörde ausgeübt worden. «Die Antwort ist eindeutig Nein», sagte der Vorsteher des Finanzamtes am Freitag im Landtags-Untersuchungsausschuss zur Aufklärung der Vorgänge um die Klimaschutzstiftung MV. Ähnlich äußerte sich auch eine Sachgebietsleiterin, die ebenfalls als Zeugin gehört wurde.
Zunächst habe man im Amt die Auffassung vertreten, dass die dem Klima- und Umweltschutz verpflichtete Stiftung unter die Steuerbefreiung fallen könnten, sagte die 61-Jährige. Das Finanzministerium habe aber auf die Satzung verwiesen, nach der weder die Gemeinnützigkeit noch der zweckbestimmte Einsatz der Mittel gewährleistet sei. «Die Auffassung des Finanzministeriums hat sich durchgesetzt. Wir haben ja besteuert», sagte die Sachgebietsleiterin in der Zeugenbefragung.
Nach Angaben des Amtsleiters war im Laufe des Steuerverfahrens der Stiftungsvorstand aufgefordert worden, den Nachweis eines zweckbestimmten Mitteleinsatzes zu erbringen. Daraufhin sei lediglich der nachträglich verfasste Entwurf einer notariellen Vereinbarung vorgelegt worden. «Ein Entwurf von 2022 kann nicht erklären, was 2021 passierte», sagte der 62-Jährige.
Die Stiftung war Anfang 2021 nach einem Beschluss des Landtags gegründet worden, vorrangig um den Fertigbau der Pipeline Nord Stream 2 für russisches Erdgas gegen Sanktionsdrohungen der USA abzusichern. Nach der Fertigstellung sollten nur noch Umweltprojekte gefördert werden. Das Land gab zur Gründung 200 000 Euro Kapital, von Nord Stream kamen 20 Millionen Euro.
Das Finanzamtes Ribnitz-Damgarten ist das Einzige in Mecklenburg-Vorpommern, das sich mit Fragen der Besteuerung von Schenkungen – auch an Stiftungen – befasst. Stiftungen würden im Nordosten eher selten angemeldet, nie mehr als zehn pro Jahr, sagte die Finanzbeamtin. Die Stiftungszuwendung von Nord Stream 2 für die Klimaschutzstiftung MV von 20 Millionen Euro sei die höchste gewesen, die ihr in ihrer bisherigen beruflichen Laufbahn bekannt geworden sei.
Die Pflicht zur Abführung der Schenkungssteuer ist rechtlich umstritten. Der Vorstand der Stiftung hatte gegen die Steuerforderung über knapp 10 Millionen Euro geklagt. Das Finanzgericht in Greifswald lehnte die Klage aber ab. Daraufhin ging die Stiftung in Revision, so dass sich nun der Bundesfinanzhof mit dem Fall befassen muss.
Nach Ansicht von FDP-Fraktionschef René Domke hat die Zeugenbefragung ergeben, dass es einen konkreten fachlichen Austausch mit dem Finanzministerium zur Schenkungsteuerpflicht gegeben habe. Das aber widerspreche den Darstellungen von Stiftungsvorstand Erwin Sellering. Dieser habe im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht Greifswald betont, die rechtliche Auffassung sei erst nach dem Überfall auf die Ukraine auf Weisung oder nach einem Telefonat mit dem Ministerium geändert worden, um die Stiftung finanziell «auszutrocknen».
Die steuerliche Behandlung der Stiftung war nach den Worten des CDU-Abgeordneten Sebastian Ehlers schon vor deren Gründung Thema. «Zunächst hatte die Stiftung als gemeinnützige und infolgedessen steuerlich privilegierte Stiftung gegründet werden sollen. Davon wurde vermutlich mit Blick auf den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb der Stiftung Abstand genommen, so dass für die Stiftung die Bezeichnung „gemeinwohlorientiert“ gefunden wurde», erklärte er. Doch nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine sei die Stiftung der Landesregierung doch lästig geworden, und man habe versucht, der Stiftung mittels Schenkungssteuer zu Leibe zu rücken.
Die SPD-Fraktion sah sich nach der weiteren Zeugenbefragung in ihrer Haltung bestätigt. Es habe gezeigt, «dass die permanenten Mutmaßungen und Skandalisierungsversuche von Schwarz-Grün wie Seifenblasen zerplatzen», sagte der Abgeordnete Thomas Krüger.
Keine neuen Erkenntnisse brachte die Zeugenbefragung zum sogenannten «Kamin-Gate». Eine Mitarbeiterin des Finanzamtes hatte nach eigenen Angaben in einer Panikreaktion Steuerunterlagen der Stiftung verbrannt. Diese wurden dann beim Steuerbüro der Stiftung nachgeordert.
Um die Stiftung gibt es einen Dauerstreit. Ein kurz nach Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine vom Landtag gefasster Beschluss zur Auflösung wurde aus rechtlichen Gründen nicht umgesetzt. Der umstrittene wirtschaftliche Teil der Stiftung, der die Fertigstellung der Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 sichern sollte, sei abgewickelt und für Klimaschutzprojekte weiterhin Geld da, hieß es in einem jetzt vorgelegten Gutachten zur Begründung.