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Prerow (dpa) – Selbst zum Handschlag bei der Begrüßung reicht es nicht mehr. «Nicht so lange Ihr Minister mich einen Mietnomaden nennt. Das ist unter der Gürtellinie», sagt Rüdiger Voßhall, der vor mehr als 30 Jahren den Kult-Campingplatz in den Dünen von Prerow mit seinem Unternehmen Regenbogen übernahm.

Den Handschlag verweigerte er Bjørn Schwake, dem Chef der landeseigenen Stiftung für Umwelt- und Naturschutz. Beide trafen sich mehr oder weniger zufällig an den Dünen des kiefernbestandenen Regenbogencamps am Samstag. Und beide verbindet inzwischen eine herzliche Abneigung, vor allem seit Umweltminister Till Backhaus (SPD) die Regenbogen AG am Freitag mit «Mietnomaden» verglich.

Einen solchen Ton habe es bisher noch nicht gegeben, wunderte sich auch Voßhalls Sohn Marc, der gemeinsam mit seinem Bruder Patrick den Unternehmensvorstand der Regenbogen AG bildet. Dagegen verwahre man sich, so Voßhall. Die Regenbogen AG habe immer gezahlt und überweise auch heute pünktlich die Pacht, auch wenn diese aufgrund des Rechtsstreits nun immer wieder zurücküberwiesen werde.

«Wir investieren seit 30 Jahren in den Tourismus in MV, betreiben sechs Anlagen hier, zahlen Steuern und sorgen für Kaufkraft», sagte Marc Voßhall. Er und sein Bruder informierten am Samstag in Wieck a. Darß (Landkreis Vorpommern-Rügen) in der «Darßer Arche» rund 200 Dauercamper, die hoffen, ihre Plätze behalten zu können. Eine Botschaft: «Die Saison 2024 ist sicher, 2025 vielleicht und vermutlich auch.»

Fest steht, der Streit um die Zukunft des Dünen-Campingplatzes in Prerow ist eskaliert. Backhaus sieht nach einer eingereichten Räumungsklage wenig Chance auf eine außergerichtliche Einigung und spricht von «Mietnomaden». Die Voßhalls sprechen alle drei von «staatlicher Willkür» und die betroffene Gemeinde Born a. Darß assistiert.

Der Dünen-Campingplatz in Prerow hat eine lange Tradition: Schon in den 1950er Jahre schlugen Camper dort in wunderbarer Natur und direkter Strandnähe ihre Zelte auf. Seit der Wende liegt der rund 2,5 Kilometer lange Streifen im damals neu gegründeten Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft. 1991 übernahm die heutige Regenbogen AG die Anlage. Es war ihre erste von heute insgesamt 19 Anlagen in Deutschland.

Verkauf, Kündigung, Klage

Die Lage änderte sich, als 2022 die landeseigene Stiftung für Umwelt- und Naturschutz wichtige Flächen des Campingplatzes von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben kaufte. Fortan wurde ein neuer Pächter gesucht und mit der «Camper’s Friend GmbH» gefunden. Auch die Regenbogen AG nahm an dem Auswahlverfahren teil, habe aber laut Ministerium mit ihrem Konzept nicht überzeugen können. Es folgte die Kündigung des Pachtvertrages zum 31. Dezember 2023 und im Anschluss Anfang vorigen Monats die Räumungsklage für die Strandfläche. Soweit der aktuelle Stand.

Der Ton wird rauer

Umweltminister Backhaus meldete sich nun einen Tag vor der Unterrichtung der Dauercamper und fügte seiner Pressemitteilung einen fünfseitigen Hintergrund mit «Korrekturbedürftigen Behauptungen» an. «Der Versuch, eine Verhandlungslösung zu finden, ist leider zunächst gescheitert. Das heißt, am Ende werden Gerichte entscheiden müssen», stellte er fest. Die Flächen seien trotz Kündigung nicht geräumt worden. «Solches Verhalten kenne ich nur von Mietnomaden.»

Die Regenbogen AG schilderte am Samstag ihre Sicht der Dinge. Es werde aus Schwerin nicht ohne Erfolg der Eindruck erweckt, als gehe es in dem Streit nur um die der Stiftung gehörende Strandfläche, auf der die Dauercamper stehen. Aber dem Unternehmen geht es vor allem um die dahinter liegende Fläche, die dem Land gehört. Und darauf errichtete das Unternehmen in den vergangenen Jahrzehnten die notwendige Campingplatz-Infrastruktur, darunter Gebäude, Stromanlagen und ein komplexes Abwassersystem. «Da geht es um sehr viele Millionen», sagte Voßhall Senior, der darauf verweist, dass es für diese Fläche einen Vertrag bis 2042 gebe. Für die Infrastruktur will die Gesellschaft für den Fall einer Aufgabe entschädigt werden. «Da wollen wir unsere Rechte wahren», sagt Marc Voßhall. Auch hier läuft ein Rechtsstreit.

Was passiert, wenn das Rostocker Landgericht der Räumungsklage gegen die Strandfläche stattgeben sollte? Dann wäre der Campingplatz jedenfalls getrennt. Wenn ein neuer Betreiber käme, wie würde sich dann die Nutzung der Infrastruktur wie Duschen oder Toiletten gestalten, die ja auf dem anderen Grundstück liegen? Es gibt viele solcher offenen Fragen. Für Patrick Voßhall ist auch klar: «Sollte die Räumungsklage Erfolg haben, werden wir uns an Recht und Ordnung halten und räumen. Wir haben dann keine andere Wahl.»

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