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Düsseldorf (dpa/lnw) – An mehreren Abwasserströmen von Chemiestandorten am Rhein ist industriell hergestelltes Mikroplastik festgestellt worden – an einer Stelle sogar in extremer Konzentration. Das geht aus einer Pilotstudie des Landesamts für Natur, Umwelt und Klima (Lanuk) hervor. NRW-Umweltminister Oliver Krischer (Grüne) und Lanuk-Präsidentin Elke Reichert wollen heute über die Ergebnisse der Studie auf dem Laborschiff Max Prüss in Düsseldorf informieren. 

Das Lanuk bezeichnete die Studie einschränkend als «Momentaufnahme». Weitere Untersuchungen sollen folgen. Erst mit einem stabileren Bild sollten Hochrechnungen zum jährlichen Beitrag der einzelnen Einleiter zur Belastung des Rheins möglich sein. 

Mikroplastik in allen Proben

An allen vier untersuchten Abwassermessstellen wurde demnach Mikroplastik in Form sogenannter Beads gefunden. Die Spanne erstreckte sich von 0,95 Beads bis zu 2.571 Beads pro Kubikmeter. Beads sind Kunststoffkügelchen, die vielen Kosmetik- und Körperpflegeprodukten beigemischt werden. Der Maximalbefund von 2.571 Beads liegt den Angaben zufolge weit oberhalb der anderen Befunde, die sich zwischen 0,95 und 18,9 Beads pro Kubikmeter bewegten. 

Die breite Spannweite der Ergebnisse zeige, dass Extremkonzentrationen von Chemiestandorten stammen können, heißt es in der Studie. Sie würden aber nicht generell in den Abläufen aller Betriebe gefunden. Ob es sich um kontinuierliche Einträge handele oder ob die Konzentrationen an den einzelnen Messstellen größeren Schwankungen unterliegen, müsse durch weitere Proben ermittelt werden. Die Industriestandorte wurden in der Studie chiffriert dargestellt.

Auch im Rhein selbst wurden an Wassermessstellen zwischen Bad Godesberg und Duisburg in allen neun vorgenommenen Proben Mikroplastik-Beads gefunden. Hier bewegten sich die Konzentrationen zwischen 0,6 bis 3,6 Beads pro Kubikmeter und nahmen tendenziell im Verlauf des Rheins von Süd nach Nord zu. 

Partikel kleiner als fünf Millimeter

Beads-Kunststoffkügelchen stellen nur einen Bruchteil der Mikroplastik-Emissionen im Gewässer dar. Als Mikroplastik werden Kunststoffpartikel mit einem Durchmesser unter fünf Millimetern bezeichnet. Es wird unterschieden zwischen primärem Mikroplastik – industriell hergestellten Partikeln wie Rohpellets und Beads – und sekundärem Mikroplastik. Letzteres entsteht durch den Zerfall größerer Kunststoffteile, etwa aufgrund von UV-Strahlung, Abrieb oder Witterungseinflüsse. Auch synthetische Fasern aus Kleidungsstücken und technischen Textilien zählen dazu.

Schon jetzt laufen der Studie zufolge Gespräche zwischen Ministerium, Landesamt, Bezirksregierungen und den Betreibern der Chemiestandorte. Dabei gehe es darum, wie Quellen der Belastungen ermittelt und Plastikeinträge vermindert werden könnten. 

Bei der Begehung einzelner Betriebsbereiche sei bereits optisch festgestellt worden, dass sich dort Mikroplastikpartikel auf dem Boden befanden. Verstärkte Reinigungsarbeiten hätten inzwischen bewirkt, dass diffuse Eintragungen vermindert werden konnten. 

Beads auch in früheren Studien nachgewiesen

In den vergangenen Jahren waren bei Untersuchungen durch die Universität Basel und die Umweltschutzorganisation Greenpeace im Rhein wiederholt erhöhte Konzentrationen der sogenannten Beads festgestellt worden. Das Umweltministerium und das Landesamt hatten daraufhin mehrere industrielle Einleiter als mögliche Eintragsquellen untersucht. Die jetzt vorgestellten Untersuchungen seien als Pilotstudie für eine erste Einschätzung zu verstehen. Die Ergebnisse seien nicht mit einer amtlichen Abwasserüberwachung gleichzusetzen, hieß es.

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