Borkum/Hannover (dpa/lni) – Im Streit um ein Stromkabel für die Gasförderung in der Nordsee vor der ostfriesischen Insel Borkum hat der niederländische Energiekonzern One-Dyas vor Gericht einen Teilerfolg erzielt. Das Verwaltungsgericht Oldenburg erklärte in einer Entscheidung vom Donnerstag die wasserrechtliche Genehmigung für das Seekabel für sofort vollziehbar.
Da es sich aber nur um eine Teilgenehmigung handelt, ist zunächst unklar, ob das Kabel damit nun gebaut werden darf. Es gebe Gespräche der Fachbehörde dazu, wie der Gerichtsbeschluss zu bewerten sei, sagte ein Sprecher des Umweltministeriums am Freitag in Hannover auf Nachfrage.
Warum es Streit um das Kabel gibt
One-Dyas will für die Erdgasförderung rund 20 Kilometer vor Borkum seine Förderplattform mit Windstrom vom benachbarten Offshore-Windpark Riffgat versorgen. Dafür ist ein rund acht Kilometer langes Stromkabel nötig, um das es seit Monaten Streit gibt.
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) klagt mit anderen Verbänden gegen die Genehmigung der Seekabelverlegung. Sie fürchten, dass das Kabel schützenswerte Unterwasserbiotope und Riffstrukturen zerschneiden und unwiederbringlich zerstören wird. Ein Widerspruch in der Sache hatte zudem eine aufschiebende Wirkung – das Kabel durfte vorerst nicht verlegt werden.
Dagegen ging One-Dyas vor dem Verwaltungsgericht vor – mit einem Teilerfolg. Eine Kammer des Gerichts ordnete nun den Sofortvollzug der wasserrechtlichen Genehmigung an. Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig. Dagegen kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht eingelegt werden.
Warum die Auslegung nun Juristen prüfen
Ausgeklammert blieb in dem Beschluss laut DUH allerdings, wie mit zwei naturschutzrechtlichen Befreiungen umgegangen wird, die etwa für Riffstrukturen gelten – um diese geht es den Umweltschützern hauptsächlich.
Das Gericht teilte dazu mit: Die Wirksamkeit der Befreiungen sei von der Genehmigungsbehörde – also dem Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) – davon abhängig gemacht worden, ob die wasserrechtliche Genehmigung für das Kabel vollziehbar ist.
Wie die Landesbehörde, die dem Umweltministerium untersteht, nun vorgeht, ist offen. «Die Juristen bei uns im Haus und die Fachleute beim NLWKN und andere sind gerade damit beschäftigt, diese Begründung dafür auszuwerten», sagte der Umweltministeriumssprecher. Bisher sei man sich nicht einig, ob das bedeute, dass die jetzt gebaut werden könne oder nicht. Wann mit einem Ergebnis zu rechnen ist, ließ der Sprecher offen.
Die Umwelthilfe hält die naturschutzfachliche Befreiung wegen der möglichen Zerstörung geschützter Steinriffe weiter für rechtswidrig. Aus Sicht der Umweltschützer ist das Verlegen des Kabels vorerst daher nicht möglich. «Wir werden weiter alle rechtlichen Mittel ausschöpfen, um den Bau des Seekabels zu verhindern», sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner in einer Mitteilung. «Wir können es uns schlicht nicht leisten, eines der letzten und größten artenreichen Steinriffe vor unserer Küste den Geschäftsinteressen eines ausländischen fossilen Konzerns zu opfern.»