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Verbände scheitern mit Klagen gegen Gäubahn-Unterbrechung

Stuttgart (dpa/lsw) – Die Gäubahn darf vom Frühjahr 2026 an für längere Zeit bereits am Stuttgarter Stadtrand enden – und nicht mehr wie bisher am Stuttgarter Hauptbahnhof. Das Verwaltungsgericht wies eine Klage der Deutschen Umwelthilfe (DUH) ab, die das Eisenbahnbundesamt dazu zwingen wollte, gegen die geplante Kappung der Verbindung vorzugehen. Die Klage sei unbegründet, sagte die Vorsitzende Richterin Kerstin Wilke in Stuttgart. Die DUH habe keinen Anspruch auf ein Einschreiten des Eisenbahnbundesamts.

Eine ähnliche Klage des Landesnaturschutzverbands hatte das Gericht bereits am Mittwoch wegen einer fehlenden Klagebefugnis des Verbands abgewiesen. 

Als Gäubahn wird die Eisenbahnstrecke von Stuttgart über Böblingen, Horb und Singen weiter nach Zürich bezeichnet. Wegen Bauarbeiten für das Großprojekt Stuttgart 21 sollen die Züge ab dem Frühjahr 2026 schon im Stuttgarter Stadtteil Vaihingen und nicht wie bisher am Stuttgarter Hauptbahnhof enden. Reisende mit dem Ziel Innenstadt müssen dann mit Regionalzügen oder S-Bahnen weiterfahren. Dagegen klagten die Deutsche Umwelthilfe und der Landesnaturschutzverband. Beide Klagen richteten sich gegen das Eisenbahnbundesamt.

DUH wollte «unmittelbaren Ersatz» erstreiten

Die Deutsche Umwelthilfe argumentierte, die Kappung verstoße gegen den Planfeststellungsbeschluss zu Stuttgart 21. Dieser sieht laut DUH einen «unmittelbaren Ersatz» vor, also eine Alternative zum wegfallenden Gäubahnanschluss zwischen Stuttgart-Vaihingen und dem Hauptbahnhof, wenn der alte Zulauf stillgelegt wird. Eine Unterbrechung von mehreren Jahren sei ein Verstoß, argumentierte der Verein. Das Gericht kam aber zum Ergebnis, dass die Planfeststellungsbeschlüsse keine Vorgaben zum zeitlichen Rahmen enthalten.

Der Geschäftsführer der DUH, Jürgen Resch, kündigte nach dem Urteil an, dieses überprüfen lassen zu wollen. «Wir hoffen, uns in der Berufungsinstanz durchsetzen zu können», sagte Resch. 

Ursprünglich war eine Kappung von etwa sechs Monaten geplant, nun wird das Provisorium deutlich länger bestehen bleiben. Grund dafür ist, dass die Bahn die Züge künftig durch den sogenannten Pfaffensteigtunnel von Böblingen über den Flughafen direkt an die neue Zulaufstrecke zum Tiefbahnhof in Stuttgart bringen will. Dieser wird derzeit noch geplant, er soll nach derzeitigem Zeitplan Ende 2032 in Betrieb gehen.

Bundesamt sieht keine Notwendigkeit für Einschreiten

Die Bahn begründet die Kappung der Gäubahn mit Bauarbeiten für Stuttgart 21. Um die S-Bahn im Stuttgarter Norden auf eine neue Trasse zu lenken, sei es notwendig in einen Damm der Gäubahnstrecke einzugreifen, teilte das Unternehmen mit. Die Gäubahn bleibe aber auch bis zur Fertigstellung der Anbindung über den Flughafen mit dem Bahn- und Busnetz der Landeshauptstadt verknüpft.

Der Vertreter des Eisenbahnbundesamts betonte, es gebe für die Behörde keinen Anlass beim Thema Gäubahn einzuschreiten. Der Zeitraum, während dem ein Umstieg in Vaihingen notwendig ist, sei begrenzt und das Planungsverfahren für den Pfaffensteigtunnel weit gediehen.

Lautstarker Protest gegen die Pläne kommt schon länger von einer Reihe von Bürgermeistern, deren Städte entlang der Trasse liegen. Sie fürchten, dass eine ganze Region abgehängt wird. «Eine Kappung der Gäubahn ist für die Reisenden in unseren Städten undenkbar und nicht akzeptabel», warnten zuletzt die Oberbürgermeister von Böblingen, Singen, Tuttlingen, Rottweil, Herrenberg und Horb am Neckar. Man dürfe die Verbindung nicht kappen, solange kein tragfähiges Konzept auf dem Tisch liege. Der Pfaffensteigtunnel könne nur dann als Lösung dienen, wenn dessen Finanzierung auch gesichert sei, mahnen die Bürgermeister.

Hermann: Pfaffensteigtunnel muss ganz oben auf Agenda

Das betonte auch Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) nach der Verkündung des Urteils. Der Pfaffensteigtunnel müsse jetzt ganz oben auf der Agenda des Bundes stehen. «Dafür muss der Bund den Pfaffensteigtunnel zügig finanziell absichern. Ich erwarte hier ganz schnell nach der Bundestagswahl ein glasklares Signal», sagte Hermann einer Mitteilung zufolge.

Aus Sicht der Stadt Stuttgart hätte die Weiternutzung der Gäubahngleise große Auswirkungen auf ihre Pläne. Nach der Fertigstellung von Stuttgart 21 will die Stadt die bisherigen Gleisflächen zu dem neuen Stadtteil Rosenstein umbauen. «Wenn die Gleise der Gäubahn weiterhin oberirdisch liegen bleiben sollten, würde dies bedeuten, dass alle oberirdischen Gleisanlagen erst mit einer Verzögerung von circa sechs Jahren zurückgebaut werden könnten», sagte eine Sprecherin der Stadt vor der Verhandlung. Das würde aus Sicht der Stadt zu erheblichen Verzögerungen beim Bau des neuen Stadtteils führen.

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