Hannover (dpa/lni) – Fast ein Jahr nach dem Weihnachts-Hochwasser in Niedersachsen will die rot-grüne Landesregierung den Schutz vor weiteren Hochwasserlagen ausbauen. «Wir müssen uns auf vermehrte Hochwasser einstellen, ob wir es wollen oder nicht», sagte Umweltminister Christian Meyer.
An allen Orten in Niedersachsen müsse man sich wegen des Klimawandels darauf vorbereiten, dass es häufiger Starkregen geben wird, sagte der Grünen-Politiker. Der Hochwasserschutz habe für ihn daher Priorität. «Wir schützen damit Menschenleben und Millionenwerte vor möglichen Katastrophen.» Der beste Schutz sei dabei der Klimaschutz, daher investiere das Land viel Geld in die Energie- und Wärmewende. Aber auch unmittelbare Maßnahmen, wie der Bau von Deichen und Rückhaltebecken, werden ausgeweitet.
Die Landesregierung plant deshalb vom kommenden Jahr an bis 2048 mit jährlich 10,6 Millionen Euro zusätzlich für den Hochwasserschutz – in Summe sind das rund 254 Millionen Euro mehr, die bereitstehen sollen. Der Landtag muss dem noch zustimmen.
Bereits in diesem Jahr sind die Mittel für den Hochwasserschutz im Binnenland laut Ministerium auf 43 Millionen Euro aufgestockt worden. Damit wurden demnach mehr als 100 Vorhaben fortgeführt oder neu begonnen.
Mehr Stellen für Hochwasserschutz beim NLWKN
Zusätzlich seien die Stellen von rund 200 Beschäftigten des Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) entfristet worden. Rund 30 weitere Stellen im Hochwasserschutz sollen im kommenden Jahr beim NLWKN geschaffen werden.
Des Weiteren wurde die Hochwasser-Vorhersagezentrale um eine Prognose für die Ober- und Mittelweser ergänzt. Bisher umfasste sie lediglich die Aller, Leine, Oker, Hase, Hunte, Vechte, Ilmenau, Große Aue und Wümme. Im kommenden Jahr sollen auch Vorhersagen für die Ems integriert werden. Die Prognosen fließen in Warn-Apps wie NINA und KatWarn ein.
Die oppositionelle CDU-Fraktion kritisierte, gemessen an den enormen Kosten von Hochwasserschutzbauten reichten die geplanten Summen dennoch nicht aus. Sie fordert jährliche Investitionen von mindestens 60 Millionen Euro.
Meyer: «Haben einen gut aufgestellten Katastrophenschutz»
Mit Blick auf den bevorstehenden Winter sagte Minister Meyer, eine hundertprozentige Sicherheit vor Hochwasserlagen gebe es nie – etwa, wenn bisherige Rekorde bei den Pegelständen übertroffen würden. Niedersachsen sei aber gut vorbereitet. «Irgendwann ist auch die Talsperre voll und läuft über, irgendwann ist auch das Speicherbecken voll und läuft über, aber je mehr wir haben, und je besser wir im Management sind, desto mehr können wir solche Spitzen vermeiden», sagte Meyer. «Wir haben einen gut aufgestellten Katastrophenschutz, und wir haben gut aufgestellte Kommunen.»
Der Bürgermeister der vom Weihnachts-Hochwasser besonders betroffenen Gemeinde Lilienthal bei Bremen, Kim Fürwentsches (Grüne), mahnte, man dürfe nicht wie früher in eine «Hochwasser-Demenz» verfallen, sondern müsse Lehren aus der Lage rund um den Jahreswechsel ziehen. «Mancherorts müssen wir schlichtweg schneller werden in der Umsetzung der Maßnahmen, an anderen Orten muss das System Wasser besser verstanden werden.» Dafür brauche es Hochwasserpartnerschaften über Gemeindegrenzen hinweg.
Noch heute seien die Schäden in Lilienthal sichtbar, berichtete Fürwentsches, insbesondere an Straßen. Der Schutz vor Überschwemmungen sei dagegen bereits verstärkt worden. Der Bürgermeister sprach von einem erträglichen «Flickzustand» in der Gemeinde. Was bleibe, sei jedoch auch die Erinnerung an einschneidende Erlebnisse wie nächtliche Evakuierungen, bei denen Hunderte Menschen in Sicherheit gebracht worden waren.