Wismar (dpa) – Der Bau des deutschen Forschungsschiffes «Polarstern II» auf der Werft in Wismar ist nun auch vertraglich abgesichert. Zwei Monate nach der Mittelbewilligung durch den Bundestag unterzeichneten im Beisein von Bundesforschungsminister Cem Özdemir (Grüne) in Wismar Spitzenvertreter des Alfred-Wegener-Instituts als künftigem Betreiber und der Kieler Mutterwerft TKMS die erforderlichen Vereinbarungen.
Baustart soll im April 2027 sein. Die Fertigstellung des eisbrechenden Schiffes, das der Meeres- und Klimaforschung dienen soll, ist für Mitte 2030 geplant. Die Investitionskosten werden mit 1,2 Milliarden Euro veranschlagt.
Schiff bringt Arbeit für bis zu 500 Werftarbeiter
«Wir sind sehr stolz, dass wir dieses Projekt hier in Wismar machen dürfen», sagte TKMS-Chef Oliver Burkhard. Die «Polarstern II» sei das erste Schiff, das unter dem neuen Eigner ThyssenKrupp Marine Systems GmbH (TKMS) begonnen werde. Der Konzern habe sein Versprechen gehalten, die Werft mit Leben und Aufträgen zu füllen.
Bis zu 1.500 Schiffbauer sollen in Wismar Arbeit erhalten, 500 allein beim Bau der «Polarstern II». 60 bis 70 Prozent der Wertschöpfung bleibe in der Region, betonte Burkhard. TKMS hatte den Standort Wismar nach der Insolvenz der MV-Werften 2022 übernommen, um dort vor allem U-Boote zu bauen. Auch dafür gibt es Aufträge. Derzeit wird in Wismar an der Fertigstellung des Kreuzfahrtschiffes «Disney Adventure» gearbeitet, das zur Konkursmasse der MV-Werften gehörte und vom Disney-Konzern übernommen wurde.
Hightech-Produkt für internationale Forschung
«In Wismar wird Zukunft gebaut», sagte Özdemir anlässlich der Vertragsunterzeichnung. Mit der neuen «Polarstern», die ihr gleichnamiges Vorgängerschiff dann nach mehr als 40 Jahren im Dienst ablösen soll, werde der internationalen Forschung ein Hightech-Produkt zur Verfügung gestellt. «Spitzenleistungen wie dieses Schiff zeigen, was unser Land schaffen kann, wenn wir nicht das Trennende in den Vordergrund stellen, sondern zusammenarbeiten», betonte der Grünen-Politiker.
Ein solches Herangehen müsse auch die Politik der künftigen Bundesregierung bestimmen, mahnte er mit Blick auf die bevorstehende Bundestagswahl. Die fraktionsübergreifende Bewilligung der Bundesmittel für die «Polarstern II» war eine der letzten Entscheidungen des Parlaments nach dem Bruch der Ampel-Koalition Ende 2024.
Forschung auch für den künftigen Küstenschutz
Die Direktorin des Wegener-Instituts, Professor Antje Boetius, bezeichnete die Vertragsunterzeichnung für den Bau der «Polarstern II» als historisches Ereignis und wichtiges Signal, dass sich Deutschland auch künftig seiner Verantwortung in der Klima- und Meeresforschung stelle. Die Forschungsergebnisse seien angesichts des fortschreitenden Abschmelzens der Pole wichtig, um herauszufinden, wie sich der Meeresspiegel entwickelt und daraus auch Schutzvorkehrungen wie den Deichbau abzuleiten.
«Die Polarstern II wird in einer Zeit fahren, die wir uns kaum vorstellen können. Eine Zeit, wo wir dabei sein werden, dass es am Nordpol, in der Arktis, kein Eis mehr gibt», erklärte Boetius. Nach ihren Angaben ist die Hälfte aller Plätze bei den Forschungsreisen für internationale Wissenschaftler reserviert.
Mit einer Länge von 160 und einer Breite von 27 Metern wird die neue «Polarstern» wesentlich größer sein als das Vorgängerschiff. Es kann bis zu 90 Forscher und Forscherinnen sowie 50 Crewmitglieder in die Polarregionen bringen, um dort die Wirkungen des Klimawandels und das polare Leben zu erkunden. Zudem übernimmt das Schiff die Versorgung der Neumayer-Forschungsstation in der Antarktis mit Material und Lebensmitteln.
Landesregierung sieht sichere Zukunft für Werftstandort Wismar
«Für die Landesregierung ist es ein großer Grund zur Freude, dass ein für die Klimaforschung so bedeutendes Schiffbauprojekt in Mecklenburg-Vorpommern umgesetzt wird», betonte Landes-Wissenschaftsministerin Bettina Martin (SPD). Für Wismar bedeute der Bau der «Polarstern» und der militärische Schiffbau eine lange andauernde Standortsicherheit, einen Zustrom neuer Fachkräfte, neue Ausbildungsplätze und Zukunftsperspektiven. Gehe es der Werft gut, gehe es Wismar und letztlich auch dem Land gut, zeigte sich Martin überzeugt.