Kassel (dpa/lhe) – Sie bieten Lebensraum für Tiere und Pflanzen, schützen Böden und Gewässer und sind Orte der Erholung für die Menschen – Wälder haben zahlreiche wichtige Funktionen. Gerade jetzt zum Herbst können die bunten Farben der Blätter und der würzige Duft eine wohltuende und gesundheitsfördernde Wirkung beim Waldspaziergang entfalten. Doch in Zeiten des Klimawandels sind Hessens Wälder längst selbst zu Patienten geworden. Wie geht es ihnen im Herbst 2025? Eine Bilanz anlässlich der «Deutschen Waldtage» (19. bis 21. September):
Wohl keine Verschlechterung des Waldzustands
Eindeutige Aussagen zu den Auswirkungen des Wetters in diesem Jahr lassen sich laut Landesbetrieb Hessenforst wegen lokaler Unterschiede und Nachwirkungen aus den Vorjahren nur schwer treffen. «Ganz grob kann man aber sagen, dass es trotz einiger Trockenphasen im Frühjahr und Sommer keine Verschlechterung des Waldzustandes gegeben hat», erklärte ein Sprecher. Die Schäden durch den Borkenkäfer seien im Vergleich zu den Vorjahren sogar weiter rückläufig gewesen.
Trockenheit und die Folgen
Vor allem im Frühjahr sei der Oberboden in diesem Jahr regional sehr trocken gewesen, sodass vor allem junge Bäumchen, die noch keine tief reichenden Wurzeln hatten, unter Trockenstress gelitten hätten. Das habe insbesondere im Frühjahr dieses Jahres gepflanzte Bäumchen betroffen, die teils durch die Trockenheit abgestorben seien und nun nachgepflanzt werden müssten. In den tieferen Bodenschichten sind und waren dagegen meist noch Wasservorräte vorhanden, aus denen sich zumindest bereits tief verwurzelte Waldbäume versorgen können, wie der Sprecher erklärt. «Die zuletzt ergiebigen Niederschläge haben die Situation insgesamt landesweit verbessert.»
100 Waldbrände
Die Trockenheit sorgte phasenweise auch für eine erhöhte Waldbrandgefahr – insgesamt entwickelten sich nach Angaben von Hessenforst in diesem Jahr bisher 100 Waldbrände auf einer Fläche von 12 Hektar Wald. «Schwerpunkt des Brandgeschehens war das Frühjahr aufgrund der eher trockeneren Witterung in den Monaten April und Mai», so der Sprecher.
Schwerpunkt beim Waldumbau ändert sich
Nach den Schäden durch Trockenheit, Stürme und Käferbefall seit 2018 hatten sich die Forstleute vor allem auf die Wiederbewaldung von Schadflächen konzentriert. Nun verschiebe sich der Schwerpunkt der Pflanzungen zunehmend auf den Umbau von Beständen, die geschädigt oder nicht ausreichend an das künftig erwartete Klima angepasst seien, erläuterte der Sprecher. Dabei helfe auch die Holzernte, die für Licht am Waldboden sorge, um an diesen Stellen klimaangepasste Baumarten zu pflanzen. Ziel ist der stabile Mischwald.
Nach Angaben von Hessenforst wurden seit 2018 auf etwa 9.000 Hektar Pflanzungen klimastabiler Baumarten umgesetzt – allein in diesem Jahr kamen 1,6 Millionen Bäumchen im hessischen Staatswald hinzu. «Aktuell beginnt die Herbstpflanzsaison, sodass bis Jahresende noch einige Hunderttausend hinzukommen.» Wie hoch die Ausfälle durch Trockenphasen seien, könne aktuell noch nicht belastbar beantwortet werden.
Umweltverbände wollen Vorrang für Naturverjüngung
Umweltverbände wie der Naturschutzbund (Nabu) Hessen sehen das Vorgehen kritisch. Bei Pflanzungen kämen häufig auch nicht heimische Baumarten zum Einsatz wie die Douglasie. Sie habe mancherorts einen so hohen Anteil an der Aufforstung, dass schon fast neue Monokulturen drohten, sagt Mark Harthun, Geschäftsführer Naturschutz des Nabu Hessen.
Weil keiner wisse, wie sich der Klimawandel letztlich auswirkt, sei es günstiger, auf die Naturverjüngung zu setzen. Das dauere zwar länger, koste aber weit weniger Geld und der so hochkommende Baumnachwuchs sei deutlich widerstandsfähiger als die Setzlinge. «Wir raten im Prinzip, weniger zu machen, statt mehr», so Harthun.
Um bestehende Wälder zu stärken und schützen, sollten zudem möglichst dichte Kronendächer erhalten und lediglich einzelne Bäume entnommen werden, anstatt große Lücken durch Holzeinschlag zu hinterlassen. Es gehe um eine «schonende Ernte, die das Waldklima erhält», sagte Harthun. Sorgen bereitet dem Nabu auch der Entwurf für eine neue Naturschutzleitlinie, die etwa den Schutz sogenannter Habitatbäume, die auch gefährdeten Tierarten Lebensraum bieten, deutlich aufweiche.
Mehr Menschen im Wald
Vor allem während der Corona-Pandemie hatten viele Spaziergänger, Wanderer, Sportler und Fahrradfahrer im Wald Erholung und Bewegung an der frischen Luft gesucht. Auch wenn keine Zahlen dazu vorlägen, bestehe der Eindruck, dass dieser Trend anhalte, so der Sprecher. Vor allem in Ballungsräumen werde daher auf ein gutes Miteinander der verschiedenen Gruppen der Waldbesuchenden geachtet.
Illegale Müllentsorgung im Wald bleibt Thema
Während die einen den Wald schätzen und sich an seiner Schönheit erfreuen, nutzen andere ihn illegal als Mülldeponie. Selten sei dabei das Thema Müll im Wald mit Erholungssuchenden verbunden – vielmehr werde der Wald leider immer wieder gezielt angefahren, um dort etwa Bauschutt oder Altreifen abzulegen, der eigentlich auf einer Mülldeponie zu entsorgen sei, so der Sprecher. Dies sei leider vielerorts weiterhin ein großes Problem.
Vorsicht während der Holzernte geboten
Herbstzeit ist Holzerntezeit im Wald. Für die Besucher besteht nun eine erhöhte Gefahr durch herabfallende Äste und umstürzende Bäume. Daher sollten sie stets auf aktuelle Hinweise achten sowie gesperrte Bereiche und Waldwege keinesfalls betreten. Auch die herbstliche Witterung kann Risiken bergen: Während eines Sturms sollte auf einen Waldbesuch ganz verzichtet oder ein unerwartet eintretender Sturm umgehend zum Verlassen des Waldes genutzt werden. Auch nach einem Sturm können lose Äste und geschädigte Bäume unvorhersehbar herabstürzen oder umkippen. «In dieser Zeit ist besondere Wachsamkeit geboten – erkennbare Gefahrenbereiche sollten weiträumig gemieden und kein Risiko eingegangen werden», mahnte der Sprecher.