Frankfurt/Berlin (dpa/tmn) – Sonnenschein und Wärme, auf diese beiden Grundzutaten für einen gelungenen Sommerurlaub können sich vermutlich alle einigen. Doch der Grat ist schmal: Wenn es zu warm wird, empfinden das viele als unangenehm. Zumal Hitzetage auf die Gesundheit gehen. Gerade Ältere, chronisch Kranke und Kinder sollten dann vorsichtig sein.
Die gute Nachricht ist: Reiseziele, an denen es nicht zu heiß wird, gibt es auch im Sommer zur Genüge. Ein Meteorologe und große Veranstalter haben mit uns ihre Tipps geteilt.
Aber zunächst eine grundsätzliche Frage: Ab wann redet man überhaupt von Hitze? Anruf beim Deutschen Wetterdienst: «Hitze an sich ist höchst subjektiv und hängt stark vom eigenen Empfinden ab», sagt Tobias Reinartz. Eine Definition hat der Meteorologe dennoch parat: «Ab 30 Grad Höchsttemperatur reden wir von einem heißen Tag – und dementsprechend auch von Hitze.»
Die Himmelsrichtung, die Abkühlung verspricht
Wo das geklärt ist, lässt sich mit dem Meteorologen ergründen, in welchen Regionen die Wahrscheinlichkeit für heiße Tage geringer ist. Wahrscheinlichkeit sei an der Stelle ein wichtiges Wort, sagt Reinartz. «Denn natürlich kann es überall heiß werden.» Selbst in Lappland seien schon über 30 Grad gemessen worden, in Südschweden einmal 38 Grad. Mit einer strammen Südströmung könne heiße Luft auch bis weit in den Norden voranschreiten.
Aber es stimmt schon, so Reinartz: «Wenn ich es im Sommer ein bisschen kühler möchte, dann bin ich in den nordischen Ländern besser aufgehoben.» Ganz allgemein könne man mit Blick auf Hitzevermeidung sagen: je weiter nach Norden, desto besser.
Aktiv auf Island oder Schären-Hopping in Stockholm
Wer es dabei aktiv mag, kann Island ins Auge fassen: Selbstfahrerreisen auf der von Vulkanen geprägten Atlantikinsel seien besonders gefragt, sagt Aage Dünhaupt von Tui Deutschland.
Strandurlaub geht natürlich auch in Skandinavien, insbesondere Dänemark oder Schweden. Doch in der Regel ist das touristische Angebot in den nordischen Ländern nicht darauf ausgelegt, heißt es vom Veranstalter Dertour.
Urlaub im kühleren Norden ist vor allem etwas für Urlauber, die in der Natur unterwegs sein wollen. Und für Kulturinteressierte: Städte wie Stockholm sind gerade im Sommer reizvoll, wenn die Tage mild und die Abende lau und lang sind. In der schwedischen Hauptstadt besonders schön: Hat man genug vom Trubel, besteigt man eine der Fähren, die im Nahverkehrsticket inklusive sind, und ist kurzer Zeit mitten in der ruhigen Inselwelt der Schären.
Städte, Natur und Wasser, das kombinieren auch Kreuzfahrten durch den Norden. Die großen deutschen Anbieter, Aida und die «Mein Schiff»-Flotte von Tui, lassen im Sommer viele ihrer Schiffe von norddeutschen Häfen in Richtung Skandinavien und atlantischer Westküste ablegen – bei Aida sind es laut einem Unternehmenssprecher acht von elf Schiffen, bei «Mein Schiff» vier von acht.
Hitzefrei? Dann ab in die Höhe
Doch nicht allein der Breitengrad ist ein Hitzefaktor. Auch die Höhe spielt eine wesentliche Rolle. Wer einmal in Meran in Südtirol bei mehr als 30 Grad gebrütet hat und dann in eine Seilbahn gestiegen ist, die auf mehr als 2.000 Meter Höhe fährt, kennt den Effekt: Die Temperaturen liegen um die 10 Grad niedriger – bei knapp über 20 Grad ist der Sommer auf einmal wieder wunderbar erträglich.
Der Grund liegt im Luftdruck, wie Meteorologe Reinartz erklärt. Da auf die Luftmoleküle die Schwerkraft wirkt, nimmt ihre Anzahl und damit auch der Luftdruck mit der Höhe ab. Steigt Luft auf, dehnt sie sich in der Folge also aus oder anders ausgedrückt: Die Luftmoleküle haben immer mehr Platz und stoßen daher immer weniger gegeneinander – die Luft kühlt ab.
Sinkt Luft dagegen ab, nimmt die Anzahl der Luftmoleküle und damit der Luftdruck zu. Die Luft wird regelrecht zusammengepresst: Die Luftmoleküle haben immer weniger Platz und stoßen immer häufiger gegeneinander – die Luft erwärmt sich.
Mit diesem Hintergrundwissen ausgestattet, leuchtet der einfache Tipp ein: Wer der Hitze entkommen will, fährt in die Berge.
Warum es an der Küste oft kühler ist
Meeresnähe ist ein weiterer Garant für erträglichere Temperaturen: An der Nord- und Ostseeküste etwa sind heiße Tage weniger wahrscheinlich als am Oberrheingraben oder am Niederrhein, wo im Juli 2019 mit 41,2 Grad der bisherige deutsche Allzeit-Hitzerekord aufgestellt wurde.
Warum es am Meer im Sommer oft angenehmer ist als im Landesinneren, liegt daran, dass das Wasser viel länger braucht, um sich aufzuwärmen. Damit ist es kühler als das aufgeheizte Land. Und wenn dann eine Brise vom Meer Richtung Strand weht, fühlt sich das erfrischend an. Aber wehe, der Wind dreht sich: «Bläst er heiße Luft vom Landesinneren an die Küste, kann es auch dort sehr warm werden», sagt Reinartz.
Nicht nur die Küsten der Nordsee in Deutschland, Dänemark oder den Niederlanden oder der Ostsee in Deutschland oder Polen versprechen dabei Strandurlaub mit geringer Hitze-Wahrscheinlichkeit. Auch in der Ferne gibt es Optionen. Das sagt zumindest eine Sprecherin von Schauinsland-Reisen: Mildes Inselklima, das im europäischen Sommer gut verträglich sei, gebe es beispielsweise auf Mauritius im Indischen Ozean.
Und wer am Mittelmeer im Sommer (durchaus zurecht) heiße Tage fürchtet, kann den Herbst als Reisezeit in den Blick nehmen. Milde Temperaturen locken dann. Laut Tui-Sprecher Dünhaupt läuft die Saison in Reisegebieten wie den griechischen Inseln oder der türkischen Ägäis bis in den Spätherbst.