Dörth (dpa/lrs) – Wasserhahn auf, sauberes Trinkwasser raus: Daran sind die allermeisten Menschen in Deutschland gewöhnt. Doch was, wenn nicht mehr genügend Trinkwasser vorhanden ist? «Durch den fortschreitenden Klimawandel wurde in den vergangenen Jahren Rheinland-Pfalz weit im Schnitt rund ein Viertel weniger Grundwasser neugebildet», teilt das rheinland-pfälzische Umweltministerium mit. Und: 97 Prozent des Trinkwassers gewinnt das Land aus dem Grundwasser.
«Ab dem Jahr 2003 ist die Grundwasserneubildungsrate deutlich zurückgegangen», sagt Grundwasserökologe Hans Jürgen Hahn von der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität Kaiserslautern-Landau. «Durch die nassen Monate ist eine gewisse Erholung eingetreten. Das heißt aber nicht, dass wir die ursprünglichen Zustände wieder erreicht hätten.»
Diese Erholung beobachtet auch das Landesamt für Umwelt. «Wir hatten in fünf bis sechs Jahre an vielen Grundwassermessstellen lang nicht mehr so hohe Grundwasserstände wie jetzt», erklärt Stephan Sauer. «Aber ein Winterhalbjahr reicht nicht aus. Die nächsten Jahre entscheiden, ob sich der Grundwasserspeicher wieder auffüllt.» Denn der allgemeine Trend zeigt eher nach unten.
Das meiste Grundwasser wird für Trinkwasser benötigt, wie beispielhafte Zahlen aus 2018 zeigen. Die öffentlichen Wasserversorger entnehmen nach Angaben des Landesamtes für Umwelt etwa 267 Millionen Kubikmeter, inklusive Löschwasser und Eigenbedarfen. Danach folgt die Industrie mit Großverbrauchern mit rund 72 Millionen Kubikmetern. Für die Landwirtschaft werden rund 35 Millionen Kubikmeter entnommen.
«Grundwasser entsteht dadurch, dass Niederschlagswasser versickert», erklärt Hahn. «Wie viel davon versickert, hängt ganz stark davon ab, wie der Regen fällt, ob er gleichmäßig fällt oder ob wir es mit Starkregen zu tun haben.»
Neben der Regenart komme es auch auf die Beschaffenheit des Bodens an – sei dieser etwa locker und unverdichtet, versickere Wasser besser. Ist er hingegen verdichtet, fließt das Wasser weg und gelangt kaum ins Grundwasser.
Auch die Jahreszeit ist entscheidend. «Im Sommer ist die Grundwasserneubildungsrate sehr viel geringer als im Winter», sagt Hahn. «Am besten müsste der Niederschlag als Schnee fallen. Dann bleibt er liegen, taut langsam ab und kann besser versickern.» Alles, was es jetzt im Sommerhalbjahr regne, trage nicht zur Grundwasserneubildung bei, sagt Sauer. «Aber es ist natürlich wichtig für den Bodenwasserspeicher und die Wasserversorgung der Vegetation.»
Welchen Einfluss hat der Klimawandel?
Der Klimawandel beeinflusst das Grund- und Trinkwasser auf mehreren Ebenen. «Es fällt zwar immer noch genau so viel Niederschlag wie bislang, aber nicht mehr so regelmäßig», schreibt das Ministerium. Es komme vermehrt zu Starkregen – aber so viel Wasser auf einmal kann der Boden nicht aufnehmen, das Wasser fließt dann oberirdisch ab. Gleichzeitig steigen die Temperaturen und Wasser verdunstet schneller.
«Die Zeit im Jahr, in der Grundwasserneubildung stattfindet, ist im Vergleich zu den 60er Jahren um rund einen Monat kürzer geworden», sagt Grundwasserökologe Hahn. Denn Grundwasser bildet sich am besten im Winter, im Sommer wird der Regen von der Vegetation benötigt. Dieser Zeitraum hat sich allerdings durch den Klimawandel verschoben.
Nach Angaben von Stephan Sauer vom Landesamt für Umwelt führt das knappere Grundwasser auch zu qualitativen Problemen. «Wenn weniger Wasser versickert, steigt auch die Stoffkonzentration und damit eine mögliche Belastung im Grundwasser», sagt er.
«Deutschland ist eines der Länder mit dem höchsten Wasserverlust durch den Klimawandel», sagt Hahn. «Darauf muss man sich einstellen.» Das kann nicht nur Probleme beim Trinkwasser geben.
Nach Angaben des Umweltministeriums speist das Grundwasser auch Seen, Tümpel, Bäche und Flüsse. «Weniger Grundwasser bedeutet also auch ein sinkender Wasserpegel in diesen Gewässern – mit Problemen für die Natur, da Laichgebiete wegfallen, für die Wirtschaft, wenn Kühlwasser für die Industrie fehlt oder die Schifffahrt aufgrund von Niedrigwasser eingeschränkt ist, für den Tourismus, wenn Badeseen trockenfallen oder Pools nicht mehr befüllt werden dürfen», heißt es.
Was kann dagegen getan werden?
Im nördlichen Rheinland-Pfalz haben sich nun sechs Wasserverbände zu einer Initiative zusammengeschlossen. Sie verpflichten sich dazu, sich gegenseitig bei Wasserengpässen auszuhelfen. Geplant ist in der Initiative laut Ministerium etwa, die Leitungen der Versorger durch sogenannte Scharniere zu verbinden und mit Pumpstationen das Wasser leiten zu können. Gäbe es in einer Region Engpässe, könnten andere einspringen.
Solche Verbundsysteme können ein Mittel zur Bekämpfung von Wasserknappheit sein. Doch Hahn gibt zu bedenken: «Wenn irgendwo Wasserknappheit entsteht und es wird von woanders Wasser geliefert, dann steigt dort, wo das Wasser herkommt, der Wasserverbrauch und kann da zu Problemen führen.»
Ein weiterer Punkt: das Wasser, dass die Menschen zu Hause verbrauchen. «Der private Wasserverbrauch ist in den letzten Jahren um locker zehn Prozent wieder gestiegen», sagt Hahn.
Langfristig sei es das oberste Ziel, Wasser möglichst in der Landschaft zu halten, sagt er. «Aber eigentlich müssen wir vor allem die Entwässerung der Landschaft rückgängig machen.» Dazu gehören etwa Entsiegelungen in Städten, aber auch die Gestaltungen an Flüssen und Bächen.