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Sauwohlfühlfaktor: Schweinestall der Zukunft eröffnet

Bad Sassendorf (dpa/lnw) – Das Mastschwein von morgen soll es besser, geräumiger und heller haben – und trotzdem bezahlbare Schnitzel und auf dem Weg dorthin möglichst wenige schädliche Emissionen hervorbringen. Wie es gelingen soll, Tierwohl, Umweltschutz und Wirtschaftlichkeit unter einen Hut zu bekommen, erprobt die Landwirtschaftskammer des Landes Nordrhein-Westfalen im «Stall der Zukunft» in Bad Sassendorf bei Soest. Das von der Landesregierung mit 3,9 Millionen Euro geförderte bundesweit einmalige Modellprojekt im Versuchs- und Bildungszentrum Landwirtschaft Haus Düsse wurde am Montag eröffnet.

Noch ist kein Schwein da. Dafür reichlich Landwirte, Vertreter aus der Politik, Tierärzte und andere Fachleute, die sich für das Vorhaben interessieren. Bevor im Mai die ersten der später insgesamt 670 Ferkel einziehen – und damit auch strengere Hygienemaßnahmen – sollen Praktiker vor Ort erkunden können, was hier in vier Jahren Entwicklungs- und Bauzeit entstand.

In zwei Musterställen finden sie Anregungen, wie Schweinehaltung aussehen könnte – je nach Ambition in einer verbesserten konventionellen Variante oder einem visionären Modell mit Hackschnitzel-Wühlgarten, innovativer Toilettenecke für das Mastschwein und gläsernem Panorama-Dach zum Öffnen.

Mehr Licht und Luft

In beiden Ställen steht den Tieren deutlich mehr Platz als im konventionellen Stall zur Verfügung: Zwischen 1,1 und 1,5 Quadratmetern pro Schwein sind je nach Stall vorgesehen. Zudem durchströmen viel Licht und Frischluft die neuen Räume, in denen jeweils die Liegebereiche der Tiere einen Auslauf schützend umschließen. Beide Ställe setzen mit moderner Technik darauf, feste und flüssige Bestandteile der tierischen Exkremente direkt zu trennen – in der Hoffnung, die schädliche und geruchsintensive Ammoniak-Bildung zu verringern.

Hochmoderne Sensoren und Künstliche Intelligenz helfen außerdem, die Schweine zu beobachten: Hustengeräusche und Bewegungsmuster der Tiere könnten Indikatoren dafür sein, dass es ihnen nicht gut gehe, erläutern die Experten der Landwirtschaftskammer. Wetterdaten sollen automatisch ausgewertet werden, um für ein optimales Stallklima zu sorgen.

Das Kalkül des Modellprojekts: Wachsen Schweine glücklich auf und lassen sich die Umweltauswirkungen verringern, stärkt das die Akzeptanz für heimische Nutztierhaltung. Auch deshalb sind Besucher eingeladen, von einem Balkon aus durch große Fenster einen Blick in den Schweinestall der Zukunft zu werfen – «quasi die gläserne Schweinehaltung», wie Kammerdirektor Arne Dahlhoff schildert.

Viele geben auf

Das Leben als Schweinebauer war zuletzt nicht immer rosig: Rund 5,8 Millionen Schweine haben heute auf 5350 Höfen Platz. Doch die Schweinehaltung als der mit Abstand stärkste Erzeugnisbereich der NRW-Landwirtschaft noch vor der Milchwirtschaft ist seit Jahren rückläufig. Mehr als 2800 Betriebe gaben in den vergangenen zehn Jahren auf. Als Gründe werden neben höheren Energie- und Futterkosten auch die Afrikanische Schweinepest genannt: Ausbrüche der Tierseuche haben Exportmärkte wegbrechen lassen. Gleichzeitig wandelten sich gesellschaftliche Ansprüche an Tierhaltung. Umweltbestimmungen sind strenger und ihre Umsetzung teurer geworden.

Auch deshalb bezeichnet NRW-Agrarministerin Silke Gorißen die Ställe stolz als Vorzeigeprojekt, das klarmachen soll: «Eine Nutztierhaltung, die Tierwohl, Umweltschutz, aber auch Wirtschaftlichkeit ermöglicht, kann in Deutschland sehr wohl funktionieren.» Man wolle starkes Agrarland bleiben, gerade im Bereich der Nutztierhaltung, betont sie. Landwirte bräuchten dazu klare Zukunftsperspektiven und keine zusätzlichen Belastungen, sondern Unterstützung der Politik. Sie will daher auch die konventionellen Betriebe mitnehmen und will die Musterställe nicht als überzustülpende Blaupause, sondern als bausteinhaften Impuls für den Umbau der Ställe verstanden wissen.

Wie arbeitsintensiv wird die Schweinehaltung dort sein? Wie geht es den Tieren tatsächlich? Wie teuer ist das Plus an Tierwohl und Umweltschutz? All diesen Fragen soll mit Forschungsprojekten nachgegangen werden, schildert Kammerpräsident Dahlhoff. Es sei davon auszugehen, dass insbesondere der verbesserte Frischluftstall «nicht nennenswert teurer als ein herkömmlicher Maststall» sei – wohl im Gegensatz zu den Ideen im ambitionierteren Wohlfühlstall nebenan.

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