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Hamburg (dpa/lno) – Hamburgs Umweltsenatorin Katharina Fegebank hat mit ihrem Appell zur Nutzung der umstrittenen CCS-Technologie zur Abscheidung und Speicherung von CO2 eine Kontroverse ausgelöst. Während Linksfraktion und BUND den Vorstoß der Grünen-Politikerin und Zweiten Bürgermeisterin als riskant kritisierten, lobte die Wohnungswirtschaft ihre «ermutigende Herangehensweise» an die Herausforderungen der Energiewende. 

Die CDU sah in der Aussage Fegebanks, dass die für spätestens 2045 angepeilte Klimaneutralität ohne CCS-Technologie nicht zu schaffen sei, eine klare Absage an den anstehenden Volksentscheid. Dieser will erreichen, dass das Hamburger Neutralitätsziel um fünf Jahre vorgezogen wird.

Fegebank: CCS kein Ersatz für Klimaschutz, aber nötig für CO2-Ziel 

CCS dürfe kein Ersatz für Klimaschutz sein, hatte Fegebank der Deutschen Presse-Agentur am Montag gesagt. «Aber es ist völlig klar, dass wir unsere Klimaziele ohne CCS nicht erreichen werden.» Die bis spätestens 2045 angepeilte Klimaneutralität könne allein über Einsparungen nicht gelingen – «zumindest die letzten Prozente nicht».

Für Hamburg sei die CCS-Technologie vor allem beim Thema Müllverbrennung «sehr relevant», da sich hier die Entstehung von CO2 nicht komplett verhindern lasse, sagte Fegebank. Eine entsprechende Machbarkeitsstudie der Stadtreinigung gebe es bereits. CCS steht für «Carbon Caption and Storage». Kohlenstoff (Carbon) wird im Produktionsprozess abgeschieden (Caption), abtransportiert und beispielsweise in tiefen Gesteinsschichten eingelagert (Storage).

Vom Bund forderte Fegebank, möglichst schnell die rechtlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen. «Die Bundesregierung muss klären, wie abtransportiert und wo gelagert oder verpresst werden darf. Das ist im Moment noch alles unklar und faktisch verboten.»

CDU: Klimaneutralität bis 2040 «eindeutig unrealistisch»

Die «neue Ehrlichkeit» der Umweltsenatorin zur Erreichbarkeit der Klimaziele habe klare Konsequenz, sagte der Klimaexperte der CDU-Bürgerschaftsfraktion, Sandro Kappe: «Wenn eine Klimaneutralität 2045 selbst nur mit CO2-Endlagerung erreichbar ist, dann ist das Ziel des aktuellen Volksbegehrens – Klimaneutralität bis 2040 – eindeutig unrealistisch.»

Die Bürgerinnen und Bürger verdienten «eine offene Debatte auf Grundlage von Fakten – nicht auf Basis politischer Wunschvorstellungen», sagte Kappe. «Es ist Zeit, dass Frau Fegebank den Mut hat, offen auszusprechen, was sie zwischen den Zeilen längst gesagt hat: Das Ziel der Klimaneutralität bis 2040 ist nicht realistisch – und damit für die Hamburgerinnen und Hamburger auch nicht zustimmungsfähig.»

Aus der Grünen-Fraktion wurde die Kritik der CDU als «durchschaubares Sommerlochmanöver» zurückgewiesen. «Statt konstruktiv über Wege zur Klimaneutralität zu sprechen, instrumentalisiert sie eine sachliche Einordnung der Umweltsenatorin zum Stand der CCS-Technologie, um das Engagement des Hamburger Zukunftsentscheids und das klimapolitische Handeln des rot-grünen Senats zu diskreditieren», sagte Fraktionschef Michael Gwosdz.

Linke: Fegebnak relativiert Klimagift CO2

Bei der Linken sieht man das anders: Mit dem CCS-Vorstoß Fegebanks begebe sich Hamburg in eine Sackgasse, sagte ihr umweltpolitischer Sprecher Stephan Jersch. «Das Klimagift wird relativiert.» Im Hamburger Klimaplan sei bereits das 1,5 Grad-Ziel gekippt worden. «Dass jetzt CCS zum Einsatz kommen soll, um doch noch was zu retten, ist eine Bankrott-Erklärung für Hamburgs Klimapolitik.» 

Jersch warnte vor unkalkulierbaren Risiken der CO2-Verpressung. «Fegebank dient sich einer CO2-Lobby an, die neben dem schmutzigen Geschäft des Verpressens auch noch mit dem Klimagift Handel treiben möchte – grüner Kapitalismus in seiner schlimmsten Form.»

Hamburg brauche keine unterirdische Verpressungspolitik mit hohen Kosten und ebensolchen Risiken, sondern echten Klimaschutz an der Oberfläche, sagte die Landesvorsitzende des BUND-Hamburg, Sabine Sommer, und forderte: «Kreislaufwirtschaft vor der Müllverbrennung, statt erst nach der Verbrennung mit aufwändigst abgeschiedenem CO2. Solar auf Hamburgs Dächern, anstatt fossiler Großprojekte mit CCS als Feigenblatt. Und nicht zuletzt: Den öffentlichen politischen Willen und Fokus dafür!»

Lob von der Wohnungswirtschaft

Fegebanks pragmatische Herangehensweise an die Herausforderungen der Energiewende deckten sich mit den Vorstellungen der sozialen Vermieter, sagte der Direktor des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen, Andreas Breitner. «Moderne Technologien sind nicht der Feind von Klimaschutz, sondern die Basis, auf der die ambitionierten Ziele umgesetzt werden können.»

Klimaneutralität bis zum 2045 zu erreichen, stelle die Wohnungsunternehmen vor große bauliche und finanzielle Herausforderungen. «Jede technische Lösung, die uns auf diesem Weg hilft, ist daher willkommen.» Das habe die Senatorin erkannt. «Ihre Überlegungen zur CCS-Technologie sind daher kein Verrat an „grünen Prinzipien“, sondern Pragmatismus.»

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