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Schmelze mit Strom und Wasserstoff: Schott mit Projekt voran

Mainz (dpa/lrs) – Der Spezialglashersteller Schott setzt auf dem Weg zu einer klimafreundlicheren Produktion vor allem auf Elektrifizierung und treibt sein Pilotprojekt mit einer ersten Elektro-Schmelzwanne im großen Format voran. Nach Tests im kleineren Stil läuft nach Angaben des Mainzer Unternehmens vom Donnerstag mittlerweile die Beschaffung einzelner Teile für diese Wanne, die am Standort im bayerischen Mitterteich bis 2026 aufgebaut werden soll.

2026 sei für ein Jahr zunächst ein Pilotbetrieb vorgesehen, bevor der Regelbetrieb zur Herstellung von Glas für die pharmazeutische Industrie losgehen solle, erklärte Michael Hahn, Leiter der Schmelzforschung bei Schott, in Mainz. Das Unternehmen investiert nach eigenen Angaben insgesamt rund 40 Millionen Euro in das Pilotprojekt. Vom Bundeswirtschaftsministerium und der EU kommen Fördergelder in Höhe von insgesamt 14,8 Millionen Euro.

Schott hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2030 klimaneutral zu werden. Die Herstellung von Spezialglas in riesigen Schmelzwannen ist sehr energieintensiv, es werden Temperaturen von bis zu 1700 Grad benötigt. Gleichzeitig müssen diese Schmelzprozesse kontrolliert und stabil ablaufen, damit sich zum Beispiel keine winzigen Bläschen bilden, die das Glas unbrauchbar machen.

Bei der Produktion von Glas für die Pharmabranche wie in Mitterteich hält Schott es für möglich, durch die Umstellung von Erdgas auf Strom rund 80 Prozent des Treibhausgas-Ausstoßes einzusparen. Bei dem noch aufwendiger zu verarbeitenden sogenannten Aluminosilikatglas – das steckt etwa in Glaskeramik-Kochflächen, die Schott unter dem Markennamen Ceran produziert – ist laut Schott voraussichtlich ein Anteil elektrischer Energie von 60 Prozent möglich.

Für diese Glasart laufen aktuell auch Versuche für eine Elektrifizierung, im nächsten Schritt soll hier ebenfalls die Übertragung auf industrielle Großanlagen angegangen werden. Komplett werde Schott aber auch in Zukunft noch nicht auf Erdgas verzichten können, da einige Verarbeitungsprozesse schlicht nicht anders hinzubekommen sind, wie Hahn erklärte. Wenn Glasgranulat schmelze, entstünden Gase, die in der Masse eingeschlossen werden könnten. Diese müssten herausgetragen werden, was nur mit Gas funktioniere.

Die umfangreichen Tests sind für eine Elektrifizierung nötig, weil das Erhitzen einer Schmelzwanne mit Strom ganz anders abläuft als bisher mit Erdgas, wie Hahn erklärte. Derzeit werde mit Hilfe horizontal über dem Becken mit dem zu schmelzenden Glasgranulat angebrachten Brennern der Raum darüber erhitzt. Bei Elektro-Schmelzwannen dagegen wird mit Elektroden gearbeitet, die direkt im Glasmaterial stecken und dies viel punktueller erhitzen.

Neben Strom setzt Schott auf dem Weg zu einer weniger klimaschädlichen Produktion auch auf Wasserstoff. Hierzu liefen schon Tests, in denen bei der Glasschmelze Wasserstoff zu unterschiedlichen Anteilen bis hin zu 100 Prozent beigemischt wurde. Im kommenden Jahr sollen weitere Versuche an Schmelzwannen im industriellen Maßstab folgen. Die Tests erfolgten bislang allerdings mit grauem Wasserstoff aus fossilen Energien, weil grüner, mit Ökostrom erzeugter Wasserstoff Schott zufolge nicht ausreichend verfügbar ist.

Grundsätzlich sei der Einsatz von Strom energetisch immer sinnvoller als der von Wasserstoff, sagte Hahn. Es werde stets geschaut, welche Prozesse sich elektrifizieren ließen. Wenn das nicht gehe, etwa weil das verwendete Material es nicht hergebe, werde der Einsatz von Wasserstoff geprüft. Unter dem Strich sei in Zukunft die Produktion der gleichen Glasmenge in kleineren Anlagen mit weniger Energie als bisher möglich, erklärte er. Hätten die Schmelzwannen derzeit noch die Größe eines Schwimmbads, dürften die elektrifizierten Nachfolger für die gleiche Produktionsleistung dann nur noch halb so groß sein.

Für die Transformation hin zu einer klimafreundlicheren Produktion brauche es ungeachtet aller Anstrengungen auf Unternehmensebene auch wettbewerbsfähige Energiepreise, betonte Schott-Vorstandsmitglied Jens Schulte. Solche Preise lägen in einer Spanne von 4 bis 6 Cent pro Kilowattstunde. Damit würden Einsparungen in Höhe einer zweistelligen Millionensumme möglich. Voraussetzung dafür sei aber, dass die Branche von Schott auf die Liste der Branchen komme, die von der Strompreiskompensation profitierten – noch sei sie das nicht.

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